20010825.00
Das bezeichnende an jenem Geist welchen Hegel so
regelmaessig zitiert, ist, dass man nie genau bestimmen
kann, was er denn damit meint: ob es der Geist, das Gemuet,
die Intelligenz und Empfindsamkeit des Einzelnen ist, den er
meint; ob es ein allegeminer Geist ist, der Geist eines
Volkes, der Geist eines Jahrhunderts, vorausgesetzt dass man
diese bestimmen koennte, ob es ein Weltgeist ist, ob Gottes
Geist, das hagion pneuma, oder ob ein anderer, von diesem
separater Geist ist den er meint. Oder ob es ueberhaupt
untunlich erscheint, diese strikte Unterscheidung
anzustrengen, weil man doch weiss, oder wissen sollte, was
er damit meint. Denn dieses, dass man das Wort, den Begriff
eben nicht definiert sondern nur auf etwas hinweist, das
Wesen der Sprache ausmacht; so dass die Sprache erst
sinnvoll wird, dass die Mitteilung, die Verstaendigung erst
moeglich wird, wenn eine gemeinschaftliche Grundlage dafuer
besteht: Und diese Grundlage, diese Anpassung, diese
Homoiosis ist ein Naturphaenomen der Menschheit; ist eine
biologische Gegebenheit.
Man hat noch laengst nicht genug ueber die geistige
Vergesellschaftung nachgedacht. Die christliche Lehre von
der Naechstenliebe ist ein Weiser auf die Bedeutung des
Zusammenseins, des Zusammengehoerens der Menschen als die
geistige Basis der menschlichen Existenz. Die
Naechstenliebe ist nicht nur von ethischer sondern auch von
erkenntnistheoretischer Bedeutung und Wert.
Die Naechstenliebe, wie sie im Neuen Testament
gepredigt wird mutet mich an wie ein Ausdruck der
Verzweifelung, der tiefen Not des einen nach dem anderen:
und es ist ausgerechnet ein Merkmal der Verderbnis unserer
Zeit, dass diese Not lediglich als geschlechtlich,
keineswegs aber als geistig oder intellektuell empfunden und
gedeutet wird.
Die Bahn der Individualisierung, wie sie von Augustinus
angebrochen wurde, fuehrt in eine andere Richtung, fuehrt
konsequent und weit genug befolgt, in die Irre.
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