20010929.00
Gedanken ueber juengst Gelesenes:
Ciceros De Natura Deorum politisiert auch die
Theologie, indem es das Wesen des Goettlichen und der
Gottheiten mittels politischer Debatte eroertert, ohne dass
auch nur bei einem Einzigen der Beteiligten ein Fuenkchen
Leidenschaft zu spueren waere. Cicero schreibt, als ob es
sich mit den Angelegenheiten der Goetter um die sachlichsten
aller Tatsachen handelte.
Von Nicolai de Cusa habe ich bis jetzt nur das erste
Kapitel der Directio Speculantis seu de Non Aliud, vom Nicht
Anderen gelesen. dessen Sinn darin liegt, dass es das
Gotteserlebnis ins Begriffliche, ins Logische zu
uebertragen, zu uebersetzen beansprucht, ohne sich jedoch
der Grenzen und Schranken der Logik klar zu werden.
Ich habe begonnen den ersten Band von Georg Mischs
Geschichte der Autobiographie zu lesen. Ich fand die
Ausfuehrungen ueber den Sinn der Selbstbiographie
ueberzeugend und anregend zugleich. Doch eben das
Eingangskapitel, welches die Selbstzeugnisse an aegyptischen
Totendenkmaelern als rudimentaere Autobiographie annimmt,
Zeugnisse die nicht vom Toten selbst sondern von den
Hinterbliebenen komponiert sind, wirft die Frage auf, oder
legt sie jedenfalls nahe, wie man die Grenzen der
Selbstbiographie bestimmen soll. Im engeren Sinne sind
autobiographische Schriften solche welche die eigene Person
beschreiben; doch wo Person im urspruenglichen Sinne als
Maske erkannt wird, da erscheint wesentlicher das was
hinter, was jenseits der Person liegt, und dieses kommt
weniger in einer formellen Autobiographie zum Ausdruck als
in alledem was der Mensch sonst schoepferisch gestaltet: in
seiner Dichtung, in Poesie, in Musik, in Malerei und
Skulptur, aber auch in den Geisteswissenschaften, und nicht
zuletzt in der Naturwissenschaft und in der Technik. Die
Leben der bedeutenden Kuenstler und Wissenschaftler gehen in
ihren Leistungen auf, und in diesen Leistungen ist ihre
Autobiographie zu erkennen. In dieser Sicht besagt das
Verfassen einer Autobiographie vielleicht sogar eine gewisse
Seichtigkeit des schoepferischen Geistes.
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