20020227.01
Es ist schick sich ueber die Barbaritaet, ueber die
Brutalitaet, ueber die Kulturlosigkeit der eigenen Gesellschaft
zu beklagen. Fescher noch ist es die Barbaritaet und
Brutalitaets, vergangen und gegenwaertig, in anderen Regimenten
anderer Laender zu erkennen und zu ruegen: vornehmlich, in den
letzten siebzig Jahren, im Nazi-Deutschland, oder ganz kuerzlich
im Talibanschen Afghanistan. Aber im Falle von beiden Urteilen,
aber mit beiden dieser Urteile taeuscht man sich, und dergleichen
Entlagerung des Boesen in die Fremde ist auf Seiten einfacher
Menschen, Dummheit; ist auf Seiten kluger Menschen, Heuchelei;
und dient vor allem die Tatsache der Erbsuende zu verdecken, mit
der Luege, dass es nicht so zu sein brauchte, wo es doch im
Grunde genommen ueberall so ist, in groesserem oder geringerem
Masse.
Es gibt auch andere verlogene Phantasieen welche
gesellschaftliche Vollkommenheit, welche die Harmonie von
Individuum und Gesellschaft in eine ferne, entlegene Kultur
hypostasieren, wie zum Beispiel Kierkegaards und Hoelderlins
Griechenland, oder in volkstuemlicher Weise, in eine
Vergangenheit undifferenziert als die Gute alte Zeit. Aber
solche Annahmen dienen nur die Erbsuende zu verdecken, und das
eigentliche Problem zu vermeiden.
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