20020304.01

     Wenn die Griechen kulturell und geistig so hervorrragend
waren, wie kommt es dann, dass sie Sokrates umbrachten?  Wenn die
Juden wirklich das auswerwaehlte Volk Gottes waren, wie war es
ihnen moeglich, Jesus zu kreuzigen?  War nicht der wirkliche
Grund, warum beide sterben mussten, dass sie sich in zu hohem
Masse von ihrer Gesellschaft unterschieden, dass sie anders, dass
sie Sonderlinge waren, die sich nicht in die Gesellschaft
einfuegten.  Ob weil sie es nicht konnten oder weil sie es nicht
wollten steht zur Diskussion.

     Demgemaess mag man das Sterben nicht weniger als das Leben
der (beiden) Helden als ein Sichbehaupten verstehen, als ein sich
gegen die Gesellschaft behaupten.  Und das Heldentum ist das
Bestreben, verzweifelt oder anderweitig, seine Persoenlichkeit in
Gegenwart, in angesicht der Gesellschaft zu behaupten.  "Hier
stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen."

     Es liegt der Bestimmung des Heldentums eine Verwechslung
zugrunde.  Der wahre Held ist nicht derjenige der von Kameraden
umringt, im Sturm zu toeten, selbst getoetet wird.  Vielmehr ist
der wahre Held derjenige der die eigene Persoenlichkeit der
Gesellschaft entgegen haelt.  Und der Sieg findet statt, nicht
auf dem Schlachtfeld, sondern innerhalb der Gemeinde, wo er sich
den Verfolgern, den Richtern, den Geschworenen stellt, um sich
und sein Wesen zu behaupten.  Ob er siegt oder besiegt wird, ob
er lebt oder ob er stirbt, ist nebensaechlich.  Wesentlich nur
dass er gekaempft, dass er sich behauptet hat, denn mit seinem
Kampf, und nur mit seinem Kampf, hat er sich entschieden.

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