20020325.00

     Das Gott die Welt von Anfang an bis zum heutigen Tage
geliebt hat ist eine der Grundlehren des Christentums, eine Lehre
jedoch welche es notwendig macht den Begriff der Liebe,
beziehungsweise der goettlichen Liebe, ein weiteres Mal zu
bedenken.  Denn diese goettliche Liebe umfasst auch die
Versuchung Adam und Evas, ihre Vertreibung aus dem Paradies, den
Mord Abels, die Erseufung der gesammten Welt ausgenommen Noahs,
seiner Familie und ein paar jeglicher Tiere, vermutlich um die
Strapazen einer zweiten Weltschoepfung zu vermeiden.  Diese
goettliche Liebe umfasst auch die Versuchung Abrahams, die
Verschleppung Josephs, und die aegyptische Sklaverei.  Die
vermeintliche Liebe Gottes gipfelte dann in der Kreuzigung seines
einzigen Sohnes, auf beschluss eines allmaechtigen Vaters, und
diese wurde als eine Liebestat entschuldigt.  Ich weiss nicht mit
welcher Art Erklaerungen man sich die Ungereimtheiten, das
Paradox, verstaendlich machen soll. Und meiner Ansicht gemaess,
wenn man es nicht verstehen kann, sollte man es lieber nicht
anpreisen.

     Im Neuen Testament ist es die Vereinbarung der Liebe zur
gesammten Welt mit der Liebe zum Einzelnen welche stutzig macht.
Die gesammte Welt steht doch zu dem liebenden Indivisuum im
Widerspruch, im Gegensatz, und die Selbstliebe ist gegen die Welt
ein Selbsterhaltungsmaneuver, Ausdruck eines
Selbsterhaltungstriebes, das unendliche Interesse an der eigenen
ewigen Seligkeit, sozusagen.  Wenn sich diese Selbstliebe nun auf
einen zweiten Menschen ausdehnt, so wird dieser zweite Mensch in
die Individualitaet des Liebenden einbeschlossen: der Liebende
fuehlt sich nun mit dem Geliebten bis zum Zustande der Identitaet
vereint.  Es ist zwar denkbar dass, auf Kosten einer gewissen
Untreue, der Liebende sich in eine zweite oder dritte oder in
mehrere Personen verliebt, nacheinander mit dem Beigeschmacke des
Betrugs, oder nebeneinander mit dem Beigeschmacke der Schalheit.
Diese Verduennung der Liebe ist  bedenktlich genug. Aber die
ganze Welt zu lieben, mit wirklicher leidenschaftlicher Liebe zu
lieben, das heisst die Liebe gaenzlich aufzugeben, entweder indem
manbesonnen das Worts Liebe verdreht und verdirbt, oder indem man
sich im Rausch betoert. Denn wenn einer behauptet, Ich liebe die
ganze Welt, dann muss man beschliessen dass er luegt, dass er
witzelt, oder dass er betrunken ist.

                            * * * * *

Zurueck : Back

Weiter : Next

Inhaltsverzeichnis