20020708.00
Die Theologie, wie wir sie kennen, spiegelt die zwei grossen
philosophischen Widersprueche, naemlich den erkenntnistheoretischen,
dass die Welt des Einzelnen nur des Menschen Vorstellung ist;
Gott hingegen ist allwissend, und in Angesicht der goettlichen
Allwissenheit ist des Menschen Wissen hinfaellig. Die dem Menschen
unerreichbare Wirklichkeit der Welt ist im Geist Gottes aufbewahrt
und dem Wissen Gottes vorbehalten.
Daneben der ethischen Widerspruch, dass der Wille des
Menschen machtlos ist, und wenig mehr als eine Bestaetigung
menschlicher Handlung nachdem sie aus dem Unbewussten spontan
hervorgegangen ist. Der ethische Widerspruch hat seinen
theologischen Ausdruck in der Lehre, dass Gott allmaechtig ist,
und dass jede Handlung des Menschen dem Willen Gottes entspricht.
Diese beiden Feststellungen lassen zusammengenommen darauf
schliessen, wie es ja auch gelehrt wird, dass der Mensch
unbedingt abhaengig ist von der Gottheit, dass er ohne sie nichts
zu tun, nichts zu denken, nichts zu verstehen, nichts zu schaffen
vermag. Das heisst, dass insofern der Mensch in wirksamer Weise
handelt, denkt, versteht und schafft; dass insofern das Denken
des Menschen, sein Handeln, sein Verstehen, sein Schaffen
Wirklichkeit hat, der Mensch den Gott verdraengt, und dass mit
dieser Usurpierung Gott abgeschaft wird. Hingegen aber insofern
Gott besteht, ist das Denken des Menschen ein leerer Traum
und sein Handeln bedeutet ein Fuchteln im Nichts.
In diesem theologischen Widerspruch spiegeln sich das
erkenntnistheoretische Paradox, dass die Welt meine Vorstellung
ist, und das ethische Paradox, dass die Entscheidungskraft, dass
der Wille, eine Illusion ist, dass meine Handlung spontan dem
Unterbewusstsein entspringt.
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