20020810.01
Seit Aristoteles fragt man nach dem Zweck oder Ziel der
Handlung und nennt diesen Zweck das Gute. Doch ist damit nicht
weiter geholfen, denn nun muss man fragen, was denn das Gute sei.
So entsteht ein Katalog der Wuensche, eine Liste welche selbst
wieder Unbestimmtheiten und Schwierigkeiten bietet. Mit welcher
Berechtigung trifft man Entscheidungen ueber das Gute? Wie kommt
man dazu? Wem spricht man es nach? Wo entspringen die Gedanken,
wo liegt die verborgene Quelle der ethischen Vernunft?
Den Naturwissenschaftlern, den Biologen, ist diese Frage
ueberhaupt noch nicht eingefallen. Erstaunlich ist es und
vielsagend, dass auf diese Frage nur die Religion die Antwort
bereit hat. Die verborgene, oder nicht so verborgene Quelle der
ethischen Vernunft ist die Bibel, das Wort Gottes, das aus dem
Geist Gottes entspringt. Wohlan, es ist eine kluge Antwort, die
Bibel, dies Gemisch von dunklen Widerspruechen und nur
halbverstaendlichen Ungereimtheiten als Quelle der Klarheit
auszuposaunen. Unumwundener waere zu sagen: Wer dumm fragt,
kriegt eine dumme Antwort.
Die Gedanken sind ebens einfach da, sie draengen sich auf,
sie erfuellen das Bewusstsein des Menschen. Sie treten auf in
Worte gekleidet. Und die Worte sind von selbst, aus dem
Zusammensein der Menschen mit einander, entstanden. Die Worte,
die Sprache, die Gedanken, sie sind eben da, ungerufen und
ungebeten, wie Freudengeschrei oder Trauergeheul, wie die
Begeisterung und die Muedigkeit, wie der Schweiss und die
Traenen, wie Urin und Kot, Ausdruck des Menschenlebens. Dass es
so ist, wie es ist, ist die urspruengliche und die entgueltige
Wahrheit welche das Denken als ueberfluessig erweist und von sich
erloest.
Mit dieser Einsicht scheint jede Feststellung welche mir in
den Sinn kommt gerechtfertigt. Sie bewaehrt sich dadurch, dass
sie von anderen "verstanden" wird, dass die Hoerenden oder
Lesenden sie als sinnvoll erkennen. Sie bewaehrt sich dadurch,
dass sie im Vernunftbereich der gemeinsamen Sprache liegt, und
von der gemeinsamen Sprache bestaetigt wird, und von der
Gueltigkeit dieser Sprache kann man nicht anders als sagen, dass
sie eben besteht, dass sie ist wie sie ist.
Nach dieser Vorrede lautet die Erklaerung: Zweck und Ziel
des Lebens ist das Leben selbst, annehmbar. Jedenfalls das
Gegenteil, dass Zweck und Ziel des Lebens das Sterben sei
wiederspricht sich in doppelter Weise: denn der Tod ist ja vom
Leben bedingt, wo kein Leben, da ist auch kein Tod. Zugleich
aber hebt der Tod das Leben auf; eine Schwierigkeit welche in dem
Moment verschwindet in welchem man den Tod ins Leben einbezieht,
und anerkennt, dass er ein Teil des Lebens ist.
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