20021019.01


     Im tiefsten Sinne ist das Uebersetzen, das Dolmetschen, die
legimitisierte Erfindung der Sprache.  Wer sich in der eigenen
Sprache verstaendigen will, dem ist es geboten sich
herkoemmlicher Worte, Begriffe, Redewendungen zu bedienen; sich
in eigens erfundenen Worten auszusprechen ist ihm untersagt,
selbst wenn das herkoemmliche Sprachgut seinem gedanklichen
Vorhaben unzulaenglich ist.

     Die zeitweilige Unzulaenglichkeit der Sprache kommt nirgends
klarer zum Vorschein, als bei dem Versuch einen Gedankengang aus
einer Sprache in eine andere zu uebersetzen.  Wie oft stoesst
nicht der Uebersetzer gegen die Unuebersetzbarkeit eines
Ausdrucks wie gegen eine begrenzende Mauer.  Aber hier darf die
begrenzende Enge der Sprache anerkannt werden.  Es ist sachlich
beweisbar, dass es fuer einen gegebenen Ausdruck in der fremden
Sprache ein gleichbedeutendes Wort nicht gibt.  In diesem Falle
ist es dem Uebersetzer erlaubt, einen neuen Ausdruck in die
heimische Sprache einzufuehren, entweder durch die Umbildung oder
Erweiterung eines bestehenden Wortes, oder warhscheinlicher,
durch die Einbuergerung des Fremdwortes in die heimische Sprache.
Und somit ist neue Sprache geschaffen.

     In dieser Weise ist das Griechische ins Lateinische
eingebuergert, das Lateinische selbstverstaendlich in die
romanischen Sprachen, aber auch ins Englische und ins Deutsche.
Lebhafte Demonstrationen der Entstehung und Verwandlung, der
Erfindung der Sprachen.

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