20021218.00

                       Weihnachtsgedanken

     Der Darstellung Jesu als Sohn Gottes muss auch eine
symbolische Bedeutung beigemessen werden, wenn sie ueberhaupt
Verstaendlich werden soll.  Dass Jesus der Sohn Gottes sein
sollte ist uns Modernen so unbegreiflich, dass wir diese
Beziehung entweder voellig ausser Acht lassen, oder dass wir uns
ueber sie mockieren, wie z.B. Heine in seinen Hebraeischen
Melodien.  Doch besagt diese unsere Unfaehigkeit die goettliche
Sohnesbeziehung zu begreifen keineswegs, dass nicht unter
gegebenen Umstaenden diese mythoshafte Darstellung des
Gottesohnes den Menschen eine intuitive Bedeutung haben moechte,
und dass sie aus der Notwendigkeit diesem Drang Ausdruck zu
verleihen entstand.

     Ich kann es mir vorstellen, dass es kulturbedingte Umstaende
gibt in welchen die Beziehung des Sohnes zum Vater die denkbar
engste vorstellbare Beziehung ist, und dass alle anderen
zwischenmenschlichen Beziehungen im Vergleich mit dieser
verblassen; dass obgleich Vater und Sohn zwar koerperlich
verschiedene und unterscheidbare Wesen sind, zwischen Vater und
Sohn eine psychische Intimitaet besteht welche der Mensch in
keiner anderen Lage erfaehrt; eine Intimitaet welche heutzutage
mit dem Ausdruck Innerlichkeit, Inwendigkeit zum Ausdruck
gebracht wird, mit der mystischen Vereinigung des Menschen mit
seiner Welt oder deren Bestandteilen.

     Geht man also von dem Standpunkt aus, dass die gueltigste
und vielleicht die einzige Gottesbeziehung des Menschen seine
Innerlichkeit ist, dass Gott sozusagen im Inneren und nur im
Inneren des Menschen lebendig sein moechte, was immer dies Innere
sei, so mag man schlicht und einfach die Sohnesschaft Christi als
Ausdruck eine mystischen Vereinigung mit Gott erklaeren welche in
jenen Zeiten in keiner anderen Weise zum Ausdruck gebracht zu
werden vermochte, als durch dieses Gleichnis.


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