20030103.00 Ein Kunstwerk vermag angezeigt, gelobt, ausgestellt, beschrieben zu werden. Ergruendet zu werden aber vermag es nicht. Denn seine Existenz als Kunstwerk beruht stets auf seiner Beziehung zum einzelnen Leser, Betrachter oder Hoerer, und diese Beziehung entzieht sich jeglicher erschoepfenden Ergruendung. Wenn diese Beziehung sich aller buendigen Analyse entzieht, so mag dies zum Teil wegen ihrer Vielfaeltigkeit sein, angesichts der grossen Zahl der Begeisterten, und besonders angesichts der Unstetigkeit, Wechselhaftigkeit, Veraenderlichkeit der Begeisterung und des Geniessens, der Beziehung, des Verhaeltnisses zu ihr. Oder anders ausgedrueckt, jeder Anspruch auf buendige, schluessige, bindende, verlaessliche Begruendung des Kunstwerks entstellt oder verbaut die moeglichen Beziehungen welche zwischen einem Einzelnen und dem Kunstwerk keimen moechten, verbaut die Beziehung des des Einzelnen zum Kunstwerk, und zerstoert die aesthetische Wirkung des Kunstwerks vergleichbar mit der Weise in welcher eine anatomische Sektion das Leben des Tieres, das sie zu erklaeren beansprucht, zerstoert. Die Beziehung des Einzelnen zum Kunstwerk genuegt sich selbst, in dem Sinne, dass das Kunstwerk keiner aeusseren Erklaerung oder Bestaetigung bedarf. wie auch das Leben des Einzelnen das gleichfalls keiner aeusseren Erklaerung bedarf, sich selbst genuegt. Das Kunstwerk ist seine eigene Erklaerung. Eine andere gibt es nicht. Soll etwas sinnvolles von einem Kunstwerk gesagt werden, so muss das Gesagte selbst zu einem (zweiten) Kunstwerk werden. Und dieses zweite Kunstwerk deutet dann mehr auf sich selbst als auf seine Vorlage. * * * * *

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