20030120.00
Es besagt viel, nicht nur ueber die dunkle Problematik
der gesellschaftlichen Beziehungen in welche wir verstrickt
sind, sondern ueber die Zulaenglichkeit unserer
Erkenntnisfaehigkeiten im allgemeinen, dass wir der
Gesellschaftsproblematik so ratlos gegenueberstehen, dass
sogar die blosse Tatsache der Existenz dieser Problematik
uns des oefteren entgeht. Bemerkenswert ist auch, dass
obgleich wir uns in unablaessiger Wechselbeziehung zu
unseren Mitmenschen befinden, das unmittelbare Bewusstsein
unserer Abhaengigkeit von ihnen ausbleibt. Bewusst ist der
Mensch nur seiner selbst; die gesellschaftlichen Beziehungen
erscheinen als zu vielfaeltig und zu veraenderlich, als dass
sie sich zu verlaesslichem Bewusstsein eigneten, als dass
sie sich, im eigentlichen Sinne, begreifen liessen.
Indessen erweist sich jedoch die vermeinte
Unveraenderlichkeit und Zuverlaessigkeit des einzelnen Ich
weitgehend als Illusion. Die Unscheinbarkeit des
gesellschaftlichen Verhaeltnisses, weit davon entfernt seine
Erlaeuterung zu erleichtern, macht es um vieles schwieriger
dies Verhaeltnis zu begreifen.
Es ist vor allem seine Sprache welche dem Menschen als
unverbruechlich sein eigen erscheint, und welche doch
unleugbar Erzeugnis und Ausdruck des Umgangs mit anderen,
des Verkehrs der Menschen untereinander ist. Das
Beduerfnis, das Streben in seiner Sprache von anderen
verstanden zu werden, durch seine Worte nicht aufzufallen,
sich nicht als unterschieden zu erweisen, es ist dieses
Beduerfnis, welches den eigenen Ausdruck mit einer grossen
und manchmal laehmenden Last beschwert.
Es ist ein unausgesprochenes, inbegriffenes Paradox,
dass alles Annehmbare das schon Bekannte ist, und deshalb
kein neues Wissen aufzubieten vermag; indessen alles
wirklich neue Wissen auf Grund seiner radikalen Neuigkeit
unannehmbar ist und zurueckgewiesen wird.
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