20030217.01
Die Darstellung Jesu als ueber jede geschlechtliche
Leidenschaft erhaben, scheint mir psychologisch von
wesentlicher Bedeutung; denn dass Jesus zugleich Gott und
Mensch ist, meint nicht nur, dass die Beziehung zu Jesus die
prototypische Beziehung des Menschen zum Gotte ist, sondern
meint zugleich, dass die Beziehung zu Jesus die
prototypische Beziehung des Menschen zum Menschen ist.
Besagt doch gerade diese Geschlechtslosigkeit der Beziehung
zu Jesus als der vorgestellt sinnvollsten und wertvollsten
aller Beziehungen, etwas Bedeutendes ueber die
zwischenmenschlichen Beziehungen ueberhaupt?
Mir schwebt dabei die Rolle vor Augen welche die
Vorstellung von Jesus als dem vollkommenen Freund in der
Religionsgeschichte spielt, eine Vorstellung welche in der
Mystik zum Ausdruck kommt, und mich besonders eindrucksvoll
in den Texten der bachschen Kantaten anspricht.
In den Beziehungen zwischen Menschen hebt die Innigkeit
(Vertrautheit) zwar nicht selten bei dem Geschlechtlichen
an, geht aber dann schnell und weit ueber dieses hinaus. In
gewisser Weise, fuer bestimmte Menschen, wird Intimitaet die
psychische Voraussetzung fuer geschlechtliche Beziehung: ein
Phaenomen welches jedoch nicht missdeutet werden sollte in
dem Sinne, dass Intimitaet nichts weiteres als Grundlage der
Geschlechtlichkeit sei und nur durch diese verstaendlich
wuerde.
* * * * *
Zurueck : Back
Weiter : Next
Index 2003
Website Index
Copyright 2005, Ernst Jochen Meyer