20030316.00
Auch fuer das Geschehen und die Geschichte der Welt
gibt es existentielle Beschreibung und Erklaerung. Eine
solche theoretische Erweiterung auf die Politik ist schon
deshalb notwendig weil sich, ihrem Wesen gemaess, (die
existentielle) Erkenntnistheorie mit keiner Beschraenkung
zufrieden geben kann, jedenfalls mit keiner so bedeutsamen
wie eine Beschraenkung welche die Weltgeschichte
ausschliesst.
Epistemology makes no provision and has no tolerance
for any limitation of its subject matter. It will not be
confined to issues of science, or of religion, it claims
jurisdiction also in commerce and politics. It deems itself
competent not only with respect to our understanding of the
present, but asserts its competence also with respect to our
understanding of the past. Indeed it explains the past by a
transformation into a species of present consciousness.
Denn Erkenntnistheorie laesst sich nicht willkuerlich
(arbitrarily) beschraenken. Sie beansprucht Gueltigkeit
auch in den Bereichen der "aktuellen" Politik. Bedeutsamer
noch ist die Tatsache, dass sich die "aktuelle" Politik
ausserhalb der existentiellen Rationalisierung nicht
erklaeren laesst. Ob und inwiefern die "aktuelle" Politik
sich im Rahmen (oder auf der Grundlage) einer existentiellen
Rationalisierung erklaeren liesse, werden die Ergebnisse
einer solchen Rationalisierung erweisen.
Fuer den Einzelnen ist die Politik der Gegenwart, nicht
anders als die Politik der Vergangenheit, die Geschichte
also, ein Gewebe von Vorstellungen welche sich in bestimmter
und geordneter Weise an entsprechende Begriffe knuepfen.
Die scheinbare Triftigkeit des (historischen) Weltbildes
beruht auf der von sprachlichen Begriffen bewirkten
Unanimitaet der Menschen. Sie hat keinen Bestand in
irgendeiner transzendentalen Wirklichkeit. Die Menschen
aber betragen sich, als ob es eine solche Wirklichkeit
gaebe. Wohlbemerkt ist auch die eingebildete und
vorsaetzliche Unanimitaet (Einmuetigkeit, Einstimmigkeit)
der geschichtlichen Bestimmtheit. Man setzt es voraus, dass
Vorstellungen die sich an dieselben Worte knuepfen,
identisch sind. Dies ist aber keineswegs der Fall, weil
letzten Endes die selben Worte fuer verschiedene Menschen
verschiedenen Sinn haben. Die Unterschiedlichkeit des
Begriffsinhalts bei der Identitaet des Ausdrucks ist der
Schluessel zu der existentiellen Erklaerung der Weltpolitik
und der Weltgeschichte.
Wie, ganz im allgemeinen, die Wissenschaft sich im
Lichte der Erkenntnistheorie in Bewusstseinszustaende und
Vorstellungen des Einzelnen zersetzt, so zersetzt sich auch
die Politik als die gegenwaertige und vergangene Geschichte
der Gesellschaften in individuelle Bewusstseinszustaende.
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