20030607.01 Die Annahme welche dem Denken eines jeden Menschen zugrunde liegt, ist dass er sich selbst verstuende, dass er zum mindesten sich in dem Gefuege seines eigenen Geistes zurecht faende. Die Entdeckung, dass dies nicht der Fall ist, dass der Mensch sich nur teilweise selbst versteht, diese Entdeckung scheint mir qualitativ unterschieden von jener anderen beruehmten Entdeckung, der Einsicht naemlich, dass der Mensch nichts weiss, oder mit Sokrates, dass er nur weiss, dass er nichts weiss. Denn das sokratischen Nichtwissen, wenn ich es recht verstehe, bezieht sich auf die Aussage, auf das deutende Wort, welches beansprucht eine allgemein erkenntliche Wahrheit darzustellen. Man moechte meinen, dass das sokratische Nichtwissen vielleicht sogar die Zuversicht in den eigenen Geist, das "Kenne dich selbst" voraussetzt. Hingegen ist es vorstellbar, dass der Mensch im Laufe eines langen Lebens entdeckt, dass er sich ueber sein Wesen getaeuscht hat: dass sich das scheinbar Notwendige als zufaellig; das scheinbar Zufaellige als notwendig ergibt, dass er, kurz gefasst, sich sein Leben lang ueber sich selbst getaeuscht hat. * * * * *

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