20030623.00
Das Subjektivwerden ist die gewaltige Aufgabe,
bedeutend nicht weniger auf den aeusseren Gefilden der Welt
als auf den Gefilden der Seele, bezeichnet als ob Seele
abtrennbar waere von Welt; wo doch Welt, Vorstellung die sie
ist sich letztlich als Spiegel der Seele erweist; und die
Seele wiederum der Spiegel ist in welchem die Vorstellung
der Welt erscheint.
So ist also das Subjektivwerden die grosse Aufgabe der
Erkenntnis, zuletzt gleichbedeutend mit reif werden, alt
werden, und sterben. Der junge Mensch weiss nichts von
Subjektivitaet: er entwickelt sich an der Gesellschaft, wird
von ihr und zu ihr gebildet; ein Vorgang der nie
vollstaendig, der nie vollendet wird; und doch beschlossen:
abgeloest aber durch die Entobjektivierung, durch das zu
sich und in sich Zurueckkehren welches mit dem Ausdruck
Subjektivwerden bezeichnet wird.
Die Subjektivierung der Welt verdeutlicht sich
(manifests itself) vornehmlich in dem Rueckbezug des Wissens
auf den Wissenden, oder genauer, auf den zu wissen
beanspruchenden, mit der Einsicht, dass alles Wissen seinen
Bestand nur im Wissenden hat, dass alles Wissen durch den
Wissenden begrenzt und beschrieben ist.
Der Gegensatz auf den alle formelle Erziehung und
Ausbildung hinaus will, die Voraussetzung naemlich, dass das
Wissen ausserhalb dem Einzelnen zu suchen sei, ist
zweideutig und verfuehrerisch. Es ist ein Versprechen, ein
Hinweis auf eine wirkliche, vom Menschen unabhaengig
bestehende Welt, eine Welt welche dem Einzelnen unerreichbar
bleibt; eine Welt an der teilzunehmen er sich (erniedrigend)
in eine Gesellschaft einfuegen lassen muss; eine Welt aber
um welche der Mensch letzten Endes doch betrogen wird, weil
er diese Welt selbst in Gesellschaft nicht zu erreichen
vermag.
Gueltig am Wissen ist zweierlei: erstens der Schein als
Schein, die Taeuschung als Taeuschung, mittels deren der
Mensch sich anzueignen anmasst, was jenseits seiner Macht
steht; gueltig am Wissen ist zweitens: die Wirksamkeit
welche des Menschen Leben und Ueberleben erst ermoeglicht.
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