20050222.00

     Ueber die Ursache, weshalb ich seit mehreren Tagen meine
Aufzeichnungen unterlassen habe, bin ich mir selbst nicht im
klaren.  Doch, vielleicht war es der Zusammenbruch meines
Computerprogramms der mich ablenkte.  Die Notwendigkeit die zum
Teil unersetzbaren Datien zu bergen, das Arbeitsprogramm welches
sich im Laufe von Monaten entwickelt hatte, zu sanieren.  Hinzu
kam der Ankauf eines neuen Autos, die Aufstellung der
Einkommenssteuerformulare; vor allem, wohl das herumstoebern und
abtasten von Liebesbriefen, vor fuenfundfuenfzig Jahren
geschrieben, und aus Gruenden die ich nicht ganz begreife, noch
heute gegenwartsnah, um sie als Bilder (Abbilder images) in
Komputerdateien zu speichern.

     Im Hintergrund all dieser Taetigkeit die neugewonnene
Einsicht, dass der Schluessel zum Verstaendnis der modernen
Wissenschaft, sei diese nun medizinisch oder physikalisch, wenn
ueberhaupt, nur in ihrer Geschichte aufzufinden waere.  Und mit
dem Ausdruck Geschichte meine ich etwas anderes als was im
allgemeinen in oberflaechlicher Weise damit bezeichnet wird.
Nicht also die schale Beschreibung einer erkuenstelten
ausgekluegelten Vergangenheit; sondern Verstaendnis und
Erklaerung der Bedeutung, des Sinnes ueberlieferter
Beschreibungen, Bilder und Gedanken.  Die moderne Geschichte der
Wissenschaft betrachtet die Vergangenheit lediglich als
Einleitung, als Vorbereitung fuer die Gegenwart; Diese Geschichte
ist unvermoegend die Vergangenheit als einstige Gegenwart zu
begreifen, eine Gegenwart die in ihrem Schwund unersetzbar ist.

     Der Problematik der neuzeitlichen Physik fusst in der
unkritischen Billigung der Physik Isaac Newtons; uneingedenk der
Tatsache, dass er wesentliche Einwaende gegen sein Weltbild, wie
etwa die Zenonischen Paradoxieen, unbeantwortet, unbeachtet
liess.  Am Auffaelligsten ist mir dies in der Beschreibung der
Bewegung; die Uebertragung der mathematischen Formel auf das
Erleben und auf das Erlebte, wo bei aller Triftigkeit der
mathematischen Darlegung, deren Inkonsequenz, die Inkongruenz,
die Widerspruechlichkeit die Unvereinbarkeit, die Folgewidrigkeit
mit dem Erleben uebersehen oder verdeckt wird.  Tatsache ist,
dass diese mathematischen Formeln denn doch hinfort das Denken,
das gedankliche Erleben bestimmen, dass sie die naive
Wahrnehmungsweise gewissermassen ersetzen, dass Bewegung,
Geschwindigkeit, Beschleunigung (acceleration), nun mehr nicht
das sein werden, was der Mensch empfindet und fuehlt, sondern was
er errechnet, was er sich mathematisch begruendet vorstellt.  Ins
besondere, die Begriffe des unendlich Zahlreichen, des unendlich
Grossen, des unendlich Kleinen, des Stetigen, Ununterbrochenen.
Der Widerspruch zwischen Linie und Punkt, eine Problematik ueber
welche wir uns mittels der mathematischen Formel hinweg helfen.

     Bezeichnend ist, dass Newtons Antworten auf diese
Problematik fast dreihundert Jahre lang unangefochten blieb
Denken beherrscht haben.  Wichtig ist es auch zu erwaegen in
welchem Masse die Vorstellungen Newtons, und anderer
theoretischer Wissenschaftler der Wirksamkeit und Fruchtbarkeit,
der Reichhaltigkeit, und dem Ueberfluss an Leistungen der
modernen Wissenschaft zugrunde liegen.  Ob diese Theorien, diese
begrifflichen Vorstellungen, die Verstaendigung der
wissenschaftlich Wirkenden ermoeglichen, oder ob sie diese
Verstaendigung tatsaechlich sind.

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