20050520.00

     Bei diesem Besuch in Konnarock wird es mir aufs
eindringlichste klar, in  welche ausserordentlichen Masse, all
mein Erleben ein inwendiges ist, zwar ausgeloest und nach
aeusserlichem Anlass gerichtet, jedoch werden Glueck und Leiden,
Freude und Trauer nicht von aussen, sondern vorwiegend von meinem
Bewusstsein bestimmt.

     Waere es moeglich sich Mathematik oder gar Logik, bar aller
Sprache auszudenken?  Offensichtlich ist der Mathematiker
bestrebt Namen und Worte in ihrer Anschaulichkeit durch Ziffern,
durch Buchstaben, durch Zeichen, durch Symbole zu ersetzen.  Doch
anfangs werden die mathematischen Zeichen sinnvoll nur mittels
sprachlicher Erklaerung.  Hinterher wirken sie als
selbstverstaendlich, nicht unaehnlich musikalischen Noten.  Die
mathematischen Ziffern bewirken eine Ueberleitung in einen
anderen geistigen Raum, eben wie die musikalischen Notenziffern
einen Bereich der Toene beschreiben, welcher in Worten keinen
Ausdruck zu finden vermag.  Der Vergleich von der Bedeutung der
Musik mit der Bedeutung der Mathematik ist triftig; denn wie man
in unserer Zeit die Mathematik als Grundlage der Welt erforscht,
so meinte man einst an den Himmelskoerpern eine Musik der
Sphaeren zu erhoeren.  Und wie Musik erklaerlich ist nur als
Aeusserung einer Beschaffenheit des Menschenwesens, so auch die
Mathematik.

     Bezeichnend auch fuer die Mathematik ist die Tatsache, dass
obgleich man sich in verschiedenen Sprachen fuer denselben
Begriff unterschiedlicher Ausdruecke bedient, e.g. set, Menge,
Gruppe, so verstehen doch Mathematiker das verschieden Benannte
in gleicher Weise; eine Tatsache aus der sich schliessen laesst,
dass die Triftigkeit (Gueltigkeit) des mathematischen Satzes von
jenseits der Sprache herruehrt, dass, m.a.W., die Sprache ein
mathematisches Bewusstsein weckt welches hinfort nach eigenen
Regeln urteilt, entdeckt und erfindet.

     Sind mathematische Beitraege, wie sie zum Beispiel bei der
Doktorarbeit erfordert werden, auch nur in dem kleinsten Kreis
wirklich verstaendlich?  Von wie vielen Menschen werden sie
schliesslich verstanden?  Oder sind es Behauptungen, aufgestellt,
ausgestellt und verehrt, welche jedoch letzten Endes keinen
wesentlichen Einfluss ausueben?

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