20050525.00

     Als Leopold Kronecker schrieb: "Gott hat die Zahlen gemacht,
alles andere ist Menschenwerk," da hat er den Nagel auf den Kopf
getroffen.  und hat mit einem Satz die Frage die Grundlagenfrage:
Was ist Mathematik beantwortet.  Denn Menschenwerk ist
Gesellschaftswerk und zu den Grundregeln der Mathematik gehoeren
nunmehr nicht nur die Regeln der Psychologie, sondern in
ungeahntem Masse, die Regeln der Politik, der wirtschaftlich
bedingten Verhandlung unter den Menschen.

     Bemerkenswert (most remarkable) ist es, dass diese Tatsache
nicht nur nicht erkannt, sondern dass sie verkannt, verleugnet
wird, dass die Mathematik als die aeusserste, tiefste,
grundlegendste Naturnotwendigkeit sich bruestet; und dass diese
Bruestung, dieser Anspruch, dieser Behauptung voraussetzt dass
die Gesellschaft, die Vergesellschaftung im weitesten und
eindringlichsten Sinne, Naturnotwendigkeit ist, und die
Christbedingte oder jedenfalls Christbetonte Individualisierung
(Verseelung) des Menschen, ein Irrtum, ein Fehler, eine
oberflaechliche Dummheit ist.

     Noch mehr: die Natur, die Wahrheit raecht sich: denn diese
Mathematik welche den Gesellschaftszwang ausnuetzt, ausbeutet und
auf die hoechsten Potenzen treibt, (Bertrand Russell, die
Mengenlehre) ausgerechnet zu jenem Gebiete wird auf welchem der
Mensch geistig voellig vergesellschaftet, seelisch voellig
vereinsamt, die einsamste aller Existenzen ablebt.

     Die dialektische Antithese laesst sich ebenfalls auffuehren:
dass in seiner Mathematik der Mathematiker aus seiner
naturgegebenen Einsamkeit in die denkbar vollkommenste
intellektuelle Vergesellschaftung fluechtet, nun mehr wie der
orthodoxeste aller Moenche, den gesellschaftlichen Glauben
(Gesellschaftsglauben) zu verinnerlichen und indem er ihn zu
seinem eigensten Besitz macht in die am strengsten geordnete
Geistigkeit zu fliehen.  sich der am strengsten geordneten
Geistigkeit zu verschreiben.

     Die Behauptung Kroneckers betreffs des goettlichen Ursprungs
der (natuerlichen) Zahlen, und der menschlichen Ursache aller
anderen mathematischen Wahrheit, wirft neue Fragen auf.  Wirkt
denn hinter und durch die Menschheit das Goettliche (was immer
damit gemeint sein sollte,) nicht auch?  Und sind nicht die
(natuerlichen) Zahlen durch menschliche geistige Taetigkeit
erkannt?  Was ist der Unterschied, ob mein Lehrer mir die
Addition von 1000 und 1001 beibringt oder das Pythagoreische
Gesetz?  Entscheidend ist nicht die Verlaesslichkeit der
Rechnung, denn diese ist psychologisch bedingt, (Der Mensch
vermag sich die verschiedensten Dinge einzureden.)  sondern ihre
Sinnhaftigkeit und Nutzbarkeit.  Wobei es mir scheint das nicht
wenige mathematische Erfindungen so manches an Sinnhaftigkeit zu
wuenschen uebrig lassen; doch diese Frage, nach der
Sinnhaftigkeit der mathematischen Gebilde vermag nur spezifisch,
durch Betrachtung einzelner mathematischer Entwuerfe, beantwortet
zu werden.

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