20050524.02
Die Feststellungen der Mathematik, so scheint es mir, sind
geistig (psychologisch) gesellschaftlich, und zuletzt sogar
wirtschaftlich (oekonomisch) bedingt in diesen Hinsichten nicht
unterschiedlich von anderer menschlicher Taetigkeit.
Es ist ein bezeichnender Widerspruch, dass Mathematiker, die
mit Empoerung das Reich der Gedanken als Metaphysik verpoenen,
fuer die Bestandteile ihrer eigenen Kunst, welche ihnen von
Augenblick zu Augenblick im Sinne haften, eine tatsaechlich
metaphysische Unabhaengigkeit Bestaendigkeit und Gueltigkeit
beanspruchen.
Auch in der Mathematik gilt nur was verstaendlich ist; und
verstaendlich ist nur was und insoweit es verstanden wird. Ob
etwas, und wie weit etwas verstanden wird ist aber eine
empirische Frage, eine Frage der Erfahrung, der Beobachtung, des
Experiments. Ob etwas, und wie weit etwas verstanden wird ist
aber auch eine psychologisch gesellschaftliche Frage, oder
schaerfer noch, eine wirtschaftliche Frage. Denn, letzten Endes
versteht man nur das zu dessen Verstaendnis man sich Muehe gibt.
Und Muehe gibt man sich nur, das zu verstehen, was sich lohnt.
Zu verstehen lohnt sich, was ein beruehmter Mann beteuert, denn
durch ein solches Verstaendnis wird man selbst ein wenig
beruehmt, indem man an seinem Ruhm teilnimmt.
Das Verstaendnis einer mathematischen "Wahrheit" besteht
erstens darin, dass man sie in verschiedensten Formen zu
wiederholen vermag, wie etwa, dass man Probleme zu loesen vermag,
welche auf diese "Wahrheit" gemuenzt sind; dass man eine
Beweisfuehrung fuer sie durchzufuehren vermag. besteht in der
Folgerichtigkeit mit welcher sie von den verschiedensten
Gesichtspunkten gedeutet zu werden vermag. Doch sind und bleiben
all diese Kriterien der Gueltigkeit Urteile welche, letzten
Endes, saemtlich willkuerlich sind, insofern als das Urteil
welches ueber sie beschliesst erwogen werden muss, und
tatsaechlich zu einem (im weitesten Sinne) wirtschaftlich
guenstigen Ziele erwogen wird. So ist die mathematische
Gueltigkeit zuletzt im tieften Sinne Vertrauenssache, und die
Dressur welcher der Mathematikstudent sich unterziehen muss ist
gleichfalls Vertrauenssache.
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