20050710.01 Es ist ein Fehler zu schliessen, oder gar vorauszusetzen, dass die Ueberlieferung geistigen Guts, sei es in der Graphik, in der Musik, vornehmlich aber in der Literatur, dass diese Ueberlieferung Beweis und Zeugnis der Qualitaet des ueberlieferten Stoffes sein sollte. Es ist ein umgekehrter (reversed) Schluss, welcher uebersieht, dass die Ueberlieferung erstens der Herstellung, zweitens der Veroeffentlichung bedarf. Die ueberwiegende Mehrzahl der Kunstwerke, der geistigen Erzeugnisse welche nicht zur Zeit ihrer Schoepfung veroeffentlicht werden, gehen verloren. Ausnahmen sind mir nur wenige bekannt, wie etwa von seinen Soehnen veroeffentlichte Manuskripte von J.S.Bach. Aber auch in diesem Falle ist eine gelungene Veroeffentlichung unwahrscheinlich, wenn nicht der Verfasser schon im Voraus beruehmt gewesen waere. Wahrscheinlich ist der Erfolg der spaeten, posthumen Veroeffentlichung groesstenteils vom vorbestehenden Ruhm des Verfassers abhaengig. Besonders heutzutage, wo die Veroeffentlichung in Buechern billig, und die Veroeffentlichung im Internet praktisch kostenlos ist, muss der Erfolg der Veroeffentlichung nicht der Qualitaet des Werkes, sondern der geistigen Verfassung der Oeffentlichkeit angerechnet werden; mit anderen Worten: die Zahl der vertriebenen Buecher, die Anzahl der "hits" im WorldWideWeb, sind mathematische Indizien der Stimmung, der Gesinnung und Geistesart des empfangenden Volkes. (of the target population). Dies ist der Fall, ob das Kulturgut unmittelbar von seinem Urheber veroeffentlicht wird, oder ob eine Zwischenueberlieferung durch selbstbestellte oder akademisch beauftragte Vermittler stattfindet. Es versteht sich von selbst, dass bei Messungen dieser Art die Wirkung des Zufalls nicht zu unterschaetzen ist. * * * * *

Zurueck

Weiter

2005 Index

Website Index

Copyright 2005, Ernst Jochen Meyer