20051016.00
Das geistige Leben ist gleich dem hinundher Wandern
durch einen Wald, mal sonnig und erfreulich, mal duester und
traurig, die Wege gehen mal in die Ferne, und mal zurueck
nach Hause. Der unreife Mensch lernt sie kennen, und sammelt
auf jeder Strecke, an jeder Ecke, Erinnerungen, Bilder,
Nachbilder und Abzuege dessen das er gesehen gehoert gedacht
und gefuehlt hat. Der reife Mensch "kennt" das Gelaende, er
"findet" den Weg aus der Erfahrung, aus unbezeichnetem,
unausgesprochenem, unartikulierterm Gedaechtnis, er handelt
aus Gewohnheit, aus Uebung, ohne Hinweis, ohne Anweisung,
ohne Vorschrift. Der Weg hat sich ein dein Gemuet gepraegt,
ist zu einem Teil seiner Selbst, ist zu einem Teil seines
Geistes geworden.
Angenommen, es gilt einem Kameraden ueber die Wege zu
belehren: Da gibt es verschiedene Moeglichkeiten: er kann ihn
mit sich nehmen, kann ihm alle die Wege zeigen, kann ihn auf
allen Pfaden die er selbst erlernt hat, fuehren. Er kann ihm
Bilder zeichnen, oder das stilisierte Schema einer Landkarte.
Er kann ihm Beschreibungen, kann ihm Anweisungen geben. Die
vereinfachte Zeichnung als Landkarte, oder, vornehmlich, das
Geschriebene oder das Ausgesprochene kann ihn auf den Weg
vorbereiten. Diese Vorbereitung ist ein Vorgriff
(anticipation) auf das erwartete Erleben. "Du wirst an einen
Baum kommen, ... In dieser Niederung fliesst ein Bach ...
Dahinter erkennt Du ein Schild ... Durch dergleichen
Vorausbestimmungen wird die Anpassung an die Wirklichkeit
erleichtert, wenn nicht gar ueberhaupt erst ermoeglicht.
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