20060127.00 Aporetik sollte nicht nur als hermeutisches Verfahren aufgefasst werden, sondern als Denkkunst, als Lebenskunst. Das Denken ist nicht nur als Verbraemung des Lebens aufzufassen, sondern als eine geistige Technik welche das Leben tatsaechlich steuert, welche der Lebensfaehigkeit zu grunde liegt, und welche das Leben zwar nicht vervollkommnet, aber welche es dennoch zu einer Spitze treibt, auf Hoehen und Gipfel fuehrt welche ihm anderweitig nicht erreichbar sind. Aporetik ist das Bewusstsein, dass der Gedanke unvermoegend ist eine abschliessende Erklaerung oder eine endgueltige Anweisung fuer das Leben zu bieten. Die Aporetik stellt also nicht das Ende des geistigen Lebens dar, sondern dessen Eroeffnung. Ueber die Technik, ueber die Methodik der Aporetik muss verhandelt werden; denn es liegt ja im Wesen der Sprache, bestimmt und fest, eindeutig zu sein. Aporetik hat die Aufgabe die Bestimmtheit der Sprache aufzuloesen. Wiederum ist Aporetik eine Sache der Perspektive, des Blickfeldes. So, zum Beispiel, erscheinen aristotelische Lehren stellenweise durchaus eindeutig und dogmatisch. Die Qualitaet der aristotelischen Aporetik ergaebe sich dann im weiteren Rahmen, dass die Paragraphen und Kapitel einander widerspraechen und sich gegenseitig aufhoeben; oder aber ergaebe sich in engerem Rahmen, dass der dogmatische Satz, genauer und kritischer gelesen, sich in Zweideutigkeit, in Unbestimmtheit aufloest. Bemerkenswert auch ist, dass bei aller Dialektik Platon's Gespraeche sich als eindeutig, als belehrend erweisen, insofern jedenfalls als die Stimme des Sokrates alle anderen uebertoent; gewiss aber nicht in der zeitweiligen Unsicherheit und Zweideutigkeit mit welcher die Behauptungen des Sokrates ausgefuehrt werden. * * * * *

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