20060130.00 Es entspricht der allgemeinsten Erfahrung, dass alles besonnene Wirken nach einem Ziel strebt, so auch das Denken. (Es mag sein, dass Besonnenheit und Zielstrebigkeit miteinander austauschbare Begriffe sind.) Jedenfalls richtet sich mein Denken schon seit vielen Jahren, wenn nicht das ganze erinnerte Leben lang, auf die Erkenntnistheorie als sein Ziel, will sagen, auf das Erkennen des Erkennens,- eine Formulierung welche auf die Rekursivitaet hinweist, das heisst, auf ein in sich selbst befangenes nimmer endendes Verfahren welches durch die fortwaehrende Aufloesung (Verwandlung) des erlebt Gegebenen in Gedankliches, die Existenz des Einzelnen ueberhaupt in Denken, in Nachdenken aufzuloesen droht. Die Urklausel welche dem Erkentnisverfahren zugrunde liegt ist die Einsicht, dass das Erkennen die Wirkungsfaehigkeit des Menschen um viele Potenzen (orders of magnitude) steigert, weil das Erkennen diese Wirkungsfaehigkeit gaenzlich bedingt. Ich meine, dass wir bar aller Erkenntnis nur sehr wenig, - oder garnichts - zu leisten vermoegen. Man moechte sagen, dass das Denken ueber das Denken, das Theoretisieren um die Erkenntnis, der endgueltigste Ausdruck des Erkenntnisbeduerfnisses ist. Man bedenke dass dieses Erkenntnisbeduerfnis schon ganz am Anfang des Menschendaseins in Erscheinung trat, damals naemlich als Adam und Eva von der Frucht des Baumes der Erkenntnis assen, und dass diese Erkenntnissucht einer der Gruende war weswegen den Menschen, sei es vom Gott, sei es von der Natur, das Paradies vorenthalten wurde. Man mag diese Urkatastrophe der menschliche Existenz auch daraufhin deuten, dass die Frucht des Erkenntnisbaumes, dass der Apfel der Erkenntnis also, unseren Ureltern nicht bekam, dass er Verdauungsstoerungen verursachte. In diesem Sinne waere die Erbsuende als Erkenntnisverdauungsstoerung zu deuten. Wir leiden daran bis auf den heutigen Tag. Wohin aber der Erkenntnisdrang denn tatsaechlich fuehrt, das ist eine andere Frage, welche am Besten von einem anderen Ausgangspunkt betrachtet wird, von der Sokratischen Einsicht, naemlich, dass ich nichts weiss; und welche mich zuletzt, nachdem ich so gut ich es vermochte die scheinbar erkennbare Welt durchwandert habe, zu vergleichbarem Beschluss fuehrt, dass ich nichts weiss. Trotzdem aber (Nichtsdestoweniger) ist es von Wert, insofern wie moeglich, die Reise nachzuziehen ueber welche mein Verstaendnis bei dieser Bestaetigung angelangt ist. Hab ich mich erstmal mit der Behauptung, die Subjektivitaet ist die Wahrheit, abgefunden, so verwandelt sich die Erkenntnisfrage: Was heisst es, eine vermeintlich gueltige objektive Feststellung subjektiv als wahr zu bestaetigen. Worin liegt die subjektive Wahrheit meiner Erkenntnis eines objektiven Tatbestandes? - anders als in eben dem Gestaendnis, dass ich sie nicht verstehe, oder, dass ich sie nicht voellig, nicht ganz, verstehe. Was bedeutet die subjektive Wahrheit meiner Erkenntnis eines objektiven Tatbestandes anders als das systematische Abschreiten der Grenze zwischen Verstehen und Nichtverstehen. In diesem Sinne ist meine entgueltige Aufgabe, mein Nichtverstehen zu verstehen. Ein solches Verstehen des Nichtverstehens ist die Loesung des erkenntnistheoretischen Raetsels. Ein solches Verstehen des Nichtverstehens ist der Schluessel der Erkenntnis; ein Schluessel der bei der Besonderheit einer jeden Situation ein anderer sein muss, und doch im Erleben des Einzelnen, (worauf es allein ankommt), die gleiche Richtung, das gleich Ziel, die gleiche Wirkung hat. In diesem Sinne ist waere die Behauptung ein objektives Gebilde restlos, bedingungslos zu verstehen, die aeusserste, die unerloesliche Suende wider den Geist. * * * * *

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