20060201.00 Grundfragen der Ethik 1. Ob ich im voraus zu bestimmen vermag, was ich tun werde. 2. Ob ich hinterher zu bestimmen vermag, was ich getan habe. 3. Ob ich weiss (bezw. auszusagen vermag) was gut ist. 4. Ob ich vermag das Gute begrifflich zu bestimmen. 5. Ob ich weiss (bezw. auszusagen vermag) was schlecht ist. 6. Ob ich vermag das Schlechte begrifflich zu bestimmen. 7. Ob ich so zu handeln vermag, dass ich das Gute bewirke. 8. Ob ich so zu handeln vermag, dass ich das Schlechte vermeide. 1. Ob ich im voraus zu bestimmen vermag, was ich tun werde. Wie weit im voraus? In zehn Jahren, gewiss nicht. Naechstes Jahr, auch nicht. Auch nicht naechsten Monat oder naechste Woche. Aber bleibe ich vorerst bei einer Woche. Sie ist in mancher Hinsicht sehr lang, hat sieben Tage und sieben Naechte. Hat sieben mal vierundzwanzig Stunden, 10080 Minuten, 604800 Sekunden. Wieviele Handlungen beanspruche ich, pro Tag, pro Stunde, pro Minute, pro Sekunde, letzte Woche verrichtet zu haben oder naechste Woche zu verrichten? Von meinen kuenftigen Handlungen, wie viele will ich mir zumuten im Voraus zu bestimmen? Wenn ich mein linkes Auge zukneife, gilt das als Handlung? Oder huste, oder mit dem Kopf nicke, schlucke oder tief einatme? Welch offensichtlicher Unsinn, ueberhaupt von Handlung zu reden, wenn ich im voraus ueberhaupt nicht zu bestimmen vermag, was denn eine Handlung ist? 2. Ob ich hinterher zu bestimmen vermag, was ich getan habe. Zu dieser zweiten Frage ergibt sich nun eine weitere Betrachtung: Angenommen, dass Handlungen zu bestimmen waeren, wie vermoechte ich es je erinnern, was ich zu gewisser Zeit getan oder nicht getan haette? Assuming for the sake of the argument that such things as acts or actions could be identified, how could I ever remember what I did or did not do? Ob ich mich dessen was ich tat besinne? Gott bewahre, nicht in meinem Alter. Und genauer bedacht, auch nicht als ich juenger war. Diese Fragen beduerfen keine weiteren Antworten. Indem sie gestellt werden beantworten sie sich von selbst. Sobald diese Fragen ausgesprochen sind, ist es offenbar, dass ich zu wissen vermag weder was das Gute, noch was das Schlechte sein moechte. ===================== In der Theorie ist Ethik unmoeglich, wenn nur weil Handlungen welche bewertet werden sollen, letzten Endes als nicht greifbar, als nicht bestimmbar erscheinen (intangible). Im praktischen Leben, jedoch, werden die Paradoxien der Ethik aufgehoben, oder jedenfalls zu Seite geschoben. In der Juristik, im Rechtsbetrieb, werden die Paradoxien der Ethik dadurch aufgehoben (beseitigt), dass im Gedankenaustausch der Beteiligten, Klaeger und Angeklagten, Richter und Geschworenen, die Unstimmigkeiten und Widersprueche in unscheinbarer Weise aufgehoben werden, mit der Folge, dass die Verhandelnden einander verstehen, und aehnliche, wenn nicht die gleichen, Vorstellungen betreffs der Wirklichkeit des Bestrittenen hegen. Es mag sein, dass die Verhandlungsbegegnung, (the deliberative confrontation,) dazu dient ein Verstaendnis zu bewirken, das anderweitig unmoeglich zustande kommen koennte. * * * * *

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