20060218.00
Man irrt sich wenn man meint willentlich zu schreiben,
das heisst, wenn man meint zu entscheiden, dieses oder jenes,
ein Gedicht, eine Novelle, einen Roman, eine Biographie,
eine Autobiographie, eine mathematische, physikalische,
chemische, biologische, medizinische Abhandlung zu verfassen,
weil und wenn und wie man es will.
Eine solche Annahme ist doch Anmassung: ist Unsinn. Man
ueberzeugt sich, dass dem so waere, weil man sich der
Vorbereitungen bewusst ist. Im Falle des Schreibens legt man
Bleistift und Papier zusammen, oder schaltet den Rechner an,
oder das Licht, oder beide, setzt sich an den Tisch, und tut
dies in dem Bewusstsein, zum Beispiel, ein weiteres Kapitel
fuer den unfertigen Roman zu verfassen. Die Tatsache, - der
Umstand, - dass man sich im Verlauf der Vorbereitungen eines
Zwecks, eines Zieles bewusst ist, deutet man darauf hin, dass
man dies Ziel willentlich gewaehlt hat, dass man aus
Entscheidung und Entschluss zu werke geht. Aber dies ist
doch dann keineswegs unbedingt der Fall.
Tatsache, wie ich sie sehe, ist, dass das Wirken des
Menschen auf ganz willkuerliche Weise in Handlungen, in
einzelne Akte aufgeteilt wird, Vereinzelungen welche jedoch
nicht auf einer natuerlichen Gliederung geistiger Umstaende
beruhen, sondern auf Zufaelligkeiten. Gewiss handelt man in
einem Zusammenhang, dessen man sich bewusst ist, aber dieser
Zusammenhang ist nicht unter des Menschen Kontrolle; ist
keineswegs Ausdruck seines Vorhabens (Absicht, Plans,
Zwecks). Er ist sich seiner Absichten auch nur dunkel und
unbestimmt bewusst. Er taeuscht sich leicht ueber was es
ist, das er denn eigentlich will.
Das Geschriebene, die Schrift, der Roman, das Gedicht,
die wissenschaftliche Abhandlung sind Ergebnisse nicht eines
Vorsatzes: sie sind Ergebnis von Zusammenhaengen und
Umstaenden welche der Schriftsteller kaum versteht,
geschweige denn, dass er sie geschaffen haette, oder gar
kontrollierte: Zusammenhaenge und Umstaende denen sich zu
fuegen, denen zu gehorchen, die zu erfuellen, seine Aufgabe
ist.
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