20060514.00
Die Dialektik von Ruhm und Innerlichkeit
Welch ein pathetischer Widerspruch zwischen Ruhm und
Innerlichkeit. Auf der Schwelle des Lebens, umschlossen von
den ruhmreichen Helden der Geschichte, waehnt der Juengling
werden zu muessen wie sie: waehnt, dass nur der Beruehmte
wirklich ist, und wirklich nur nach dem Masse seines Ruhms.
Und vielleicht ist es die bedeutendste Lehre die das Leben
ihm angedeihen laesst, dass Wirklichkeit und Ruhm sich
unterscheiden lassen, dass Wirklichkeit und Ruhm von einander
unterschieden werden muessen, und dass es sehr wichtig ist
diese Unterscheidung zu lernen und sich in sie einzuueben.
Hinzu kommt noch die Tatsache, dass der Ruhm, per
definitionem, den Menschen als einen Besonderen auszeichnet.
Es ist aber widerspruechlich, und demgemaess unmoeglich,
etwas Besonderes zu werden indem man ein anerkannt Besonderes
nachahmt: denn allein die Tatsache, dass das Besondere zu
etwas allgemein Anerkanntem wurde, besagt, dass es seine
Besonderheit verloren, dass es sie aufgegeben hat; und dass
der Juengling der bestrebt durch die Nachahmung des
Besonderen etwas Besonderes zu werden, in eine Falle geraten
ist die ihn zu einem betrogenen Betrueger macht.
Die Sucht nach Ruhm ist letzten Endes doch nichts dwmehr
als ein unseliger Unsterblichkeitswahn. Denn unsterblich
macht der Ruhm den Beruehmten keineswegs, aber maches andere.
Hinzu kommt, dass es sich behaupten liesse, dass der Ruhm,
den er erreicht hat, den Menschen in seinem Schaffen, in
seiner Erfindungskunst, an Originalitaet behindert, denn er
wird ja hinfort das Sinnen und Trachten das lediglichlich dem
Kunstwerk gelten sollte mit der Sorge teilen, welche er dem
Erhalten, wenn nicht gar der Vermehrung des Ruhms schuldig
ist. Vielleicht ist dies ein Grund, weshalb uns die Kunst so
oft uwuerdig und erbaermlich anmutet.
Die Innerlichkeit ist die Einsamkeit, die Verlassenheit,
die mit dem Ruhm nichts anzufangen weiss. Die Kunst selbst
wird vom Ruhm eher behindert als befoerdert.
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