20070101.00
Der Mythos, so scheint es mir heute morgen, an diesem
ersten Tag des neuen Jahres, ist ein Schluessel zu den
Geheimnissens des menschlichen Wissens und Verstehens.
Denn der Mythos wirkt wie ein Loesungsmittel das wenn
wir uns seiner gewissenhaft und fleissig bedienen, die
Kraft besitzt uns das versteinerte Bewusstsein zu zersetzen
und uns einen Einblick, zwar nicht in die Natur, aber in
unser Denken und Verstaendnis von ihr, klarzulegen.
Die mythologischen Eigenschaften der Geschichte, d.h.,
unserer Bestrebungen die Vergangenheit zu ergreifen, zu
begreifen, und museumsartig zu verewigen, sind so
augenscheinlich, dass sie keiner Erwaehnung, geschweige denn
einer Erlaeuterung beduerfen; denn wo immer wir unser
historisches Denken unvoreingenommen betrachten, draengt sich
die Erkenntnis auf, dass die Geschichte unvermeidlich in den
Mythos muendet.
Es waere ein Irrtum, wenn wir uns bei unserer
Untersuchung mit der fast selbstverstaendlichen Tatsache
begnuegten, dass jede Betrachtung der Vergangenheit die nicht
schon selbst mythisch ist, zum Mythus neigt. Entscheidend
wird die Frage um die Wissenschaften des Gegenwaertigen sein,
um jene Wissenschaften die von der Vergangenheit nichts
wissen wollen oder nichts wissen koennen: die Naturwissen-
schaften, Physik, Chemie und Biologie; und abseits wenn nicht
ueber ihnen stehend: die Mathematik und die Logik.
Bei der Erklaerung der Mathematik und der Logik
kommt mir sofort Kant's Einsicht zuhilfe: Begriffe ohne
Anschauung sind leer. Wenn ich die Mathematik mit dieser
Regel messe, dann sehe ich sofort dass Mathematik und Logik
von Mythos unbeeintraechtigt bleiben, nur insofern sie jeder
Anschauung, jeder Verbildlichung entsagen. Zugegeben, dass
die "reine" Mathematik vom Mythos bereinigt sein mag. Aber
die Mathematik ist sinnvoll in ihrer Anschaulichkeit. Die
Mathematik des Anschaulichen draengt zum Mythischen. Das
Verhaeltnis von Mathematik und Mythos wird am auffaeligsten
an der Bedeutung der Statistik ersichtlich.
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