20080503.00 Die Objektivitaet, (will sagen, die Weltanschauung welche sich als bestimmt, als allgemein und als sagbar behauptet) feiert als ihre Urwissenschaft die Mathematik. Die Subjektivitaet, (will sagen, die Weltanschauung welche sich als unbestimmt, als individuell und als unsagbar behauptet) sollte die Geschichte (den Mythos also) als ihre Urwissenschaft feiern. Die Mathematik ist Urwissenschaft der Objektivitaet insofern sie das Gefuehl unterdrueckt und ausmerzt, insofern sie beansprucht die Geistestaetigkeit restlos als Symbolik zu veraeussern, und sie somit in reflexartiges Wirken zu verwandeln, ein Wirken fuer welches das Erleben des Einzelnen wesenlos und belanglos ist. Die Geschichte ist Urwissenschaft der Subjektivitaet insofern alle Geistestaetigkeit ihrem Wesen nach gegenwaertig sein muss, insofern alle Geistestaetigkeit in der Gegenwart stattfindet, einer Gegenwart, wohl bemerkt, so fluechtig, dass sie zugleich aber nicht umhin kann, sich auf Vergangenheiten zu beziehen, welche ihr dennoch unerreichbar sind. So entsteht eine dialektische Dynamik im gegenwaertigem Begreifen einer unwiederbringbaren und unerreichbaren Vergangenheit. Diese Dialektik ist der Inbegriff der Geschichte. Die Mathematik erscheint als Urwissenschaft die alles auf sie gegruendete rationalisiert, i.e. verstaendlich zu machen verspricht. Die Geschichte erscheint als Urwissenschaft die alles auf sie bezogene irrationalisiert, i.e. als letzthin unverstaendlich erweist, weil sie unvermeidlich um eine ihr unerreibare und daher unbegreifbare Vergangenheit ringt. Die Mathematik begreift das bisher Unverstaendliche und beansprucht es verstaendlich zu machen. Die Geschichte erfasst das bisher Selbstverstaendliche und zeigt in welchem Masse es tatsaechlich unverstanden ist. Das Licht welches die Unbestimmtheit der Geschichte auf die mathematische Bestimmtheit (mathematical certainty) wirft, schmaelert diese Bestimmtheit manchmal fast bis zur Belanglosigkeit. In dem Licht welches die Bestimmtheit der Mathematik auf die geschichtliche Unbestimmtheit (historical uncertainty) wirft, erscheint die Geschichte als wesenlos. Die Quelle der Geschichte ist das Gedaechtnis, das hinfaellige, fehlerhafte, taeuschende Gedaechtnis; und keine (pseudo)wissenschaftlichen Bestrebungen der Geschichte vermoegen die fundamentale Unzuverlaessigkeit des Gedaechtnisses aufzuwiegen. * * * * *

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