20081125.00
Es ist naheliegend in Angesicht der allgemeinen
Bedraengnis welche die Beamtenschaft dem Menschen auferlegt
den Beamtenstand als ethisch minderwertig zu verurteilen.
Eine fragwuerdige Bezichtigung, besonders wo die kantschen
Lehren den ethisch verantwortungsvollen Menschen als einen
musterthaften Beamten bezeichnen, dessen jede Handlung
ueberlegt und errechnet aus Vorschriften oder Gesetzen
hervorgehen sollte.
Der scheinbare Irrtum Kants liegt in seiner
Unempfindlichkeit, in seiner Stumpfheit gegen die
willenlose, willensfreie Spontaneitaet des Handelns.
Dieser Mangel an Sensitivitaet fuer die Tatsaechlichkeiten
des Handelns verfuehrt Kant zu der Taeuschung, dass der
Mensch die Faehigkeit hat zu tun "was er will". Somit
auferlegt Kant dem Menschen die Pflicht seine Handlung dem
Gesetz, dem kategorischen Imperativ gemaess einzustellen.
Als ob der Mensch das vermoechte!
Die Beziehung der Regel, des Gesetzes, des Gebots, zur
Handlung ist eine andere. Selbstverstaendlich, wird der
sprachlich eingekleidete Befehl vom Menschen wahrgenommen.
Man muss sich vorstellen, dass dieser Befehl den Menschen
verwandelt, dass der Befehl sozusagen in sein Gemuet
eingefuegt wird. Die dem Befehl gemaesse Handlung ist dann
nicht eine Ausdruck einer Entscheidung dem Befehl zu
gehorchen, sondern ist Ausdruck des vom Befehl verwandelten
Gemuets. Eine solche Verwandlung mag ausbleiben, zum
Beispiel wenn der Handelnde schwerhoerig ist, oder der
Befehlssprache unkundig, oder wenn der Befehl auf
Widerstand (Widerwillen) stoesst. Dabei waere ein solche
Widerwille keineswegs eine ablehnende Entscheidung.
Dergleichen Ablehnung waere gleichfalls als Bestandteil des
handelnden Gemuets zu verstehen. Die Tatsache dass der
Handelnde sich der ihm theoretisch offenen Alternativen
bewusst sein mag, heisst keineswegs, dass er zwischen ihnen
zu waehlen vermag. Wenn er meint willentlich zu handeln so
heisst dies lediglich, dass er im Rueckblick, so zu sagen,
nachtraeglich, den eingeschlagenen Weg befuerwortet.
Es sind sehr verschiedene Eigenschaften des Gemuets
welche die jeweilige Handlung bestimmen. Das Gemuet des
handelnden Privatmenschen ist vornehmlich durch die
natuerlich entstandenen (und entwickelten) Beziehungen zu
seinen Eltern, Geschwistern, Freunden, Mitarbeitern, u.s.w.
gestaltet; und die Sympathie welche diesen Beziehungen
entspringt, ist eine wesentliche Bestimmung der
Gemuetsverfassung welche seine Handlung bestimmt. Die
Gemuetsverfassung des handelnden Beamten ist durch die
Regeln und Gesetze denen gemaess er zu handeln hat
wesentlich entstellt. Somit wird die Handlung des
Privatmenschen in Betreff auf Unmittelbarkeit und
Leidenschaft der Handlung des Beamten weit ueberlegen
sein.
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