19970912.00
Miszverstaendnisse sind unvermeidlich. Schreibt man, und
gelingt es seine Arbeit zu veroeffentlichen, so wird er von den
Lesern miszverstanden. Schreibt er aber nicht, oder schreibt er
doch ohne sich mitzuteilen, oder jedenfalls nur an einen
phantastischen, eingebildeten Leser, so ist dies Schweigen auch
ein Nichtverstandensein, ein Miszverstaendnis. Die logische
Folgerung ist, endlich das Miszverstaendnis als die Norm (Regel),
das Verstanden sein aber, und vielleicht auch das wirkliche
Verstehen, als die Ausnahme, vielleicht sagar als ein
Uebernatuerliches, als ein Wunder zu begreifen.
Das Denken ist ein Spiel, ein Kinderspiel, ein Spiel erwachsener
Kinder. Der Denkende baut sich seine geistige Welt, wie ein Kind
das sich sein Spielzeug zusammen bastelt; welches ihm dann,
voruebergehend, sein seelisch-geistiges Zuhause darstellt. Die
Gedanken aber gestalten nach und nach den Geist; der sich, - und
das ist eben was das Kind vom Erwachsenen unterscheidet, dasz
naemlich das Kind sich ewig wandelt und verwandelt, waehrend der
Erwachsene unveraenderlich sich selber gleich, sich selber "treu"
bleibt. Das Kind wirft nach Tagen, Wochen, Monaten das Spielzeug
weg. Der Erwachsene ist lebenslang stolz auf seine Wahrheit; Er
bewahrt sie als sein koestlichstes Besitztum, sein erarbeitetes
geistiges Kapital, und hat keinen innigeren Wunsch als es seinen
Kindern zu vererben.
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