19980207.00
Ich erwarte nicht, und kann auch nicht erwarten, dasz
irgendjemand ... jemals ein Interesse fuer diese Gedanken
aufbringen wird, geschweige denn, dasz er sich die Muehe machte,
zu versuchen ihnen zu folgen, sie zu begreifen. Und wenn die
nicht, wer sonst? In dieser Hinsicht ist mein Tun, zu Arbeit
will ich es garnicht aufwerten, ein recht einsames, ein
idiotisches, ein stummes (dummes) Bestreben, von welchem ich
erkenne, dasz es ans Pathologische grenzt, und dasz es vor dem
Krankhaften geschuetzt wird, only through its intricacy and
sophistication. Bei einfacher unverbluemter Ausfuehrung waere
das Irrsinnige an meinen Gedanken offenbar. Hat nicht schon
Hoelderlin von "heiligem Wahnsinn" geschrieben?
Schopenhauer, so scheint mir, hat des Menschen Beziehung zur
Wirklichkeit seiner Welt recht treffend in der Ueberschrift
seines Buches, als Wille und Vorstellung bezeichnet. Er war aber
naiv in der Annahme, dasz die ledige (mere) Benennung das
Publikum von der Gueltigkeit seiner Behauptung ueberzeugen
wuerde, und naiv auch in der Annahme die verwickelte (intricate)
Auseinandersetzung moechte es tun. Um sich diese Gedanken
anzueignen, bedarf es zuerst eines intuitiven Begreifens ihrer
Bedeutung, und zu zweit, ein muehevolles Einueben welches den
weiten Bereich des Erlebten mit ihnen in Einklang bringt.
Was aber der Annahme des Erkannten Widerstand leistet ist
nicht, wie gewoehnlich vorausgesetzt wird, eine intrinsische
Schwierigkeit, Unverstaendlichkeit der Gedanken. Es ist vielmehr
der einfache und eigentlich sehr verstaendliche Wunsch sich zu
betruegen oder betrogen zu werden, in milderem Ausdruck, sich zu
taeuschen und getaeuscht zu werden: wie Kinder sich einbilden,
sie seien Koenige und grosze Herren, so liegt inbegriffen in der
Vorstellung der Wissenschaft die quasi-Goettlichkeit des
Wissenschaflers; denn die Wissenschaft behauptet ja, dasz
theoretisch alles wissbar sei, und dasz der Wissenschaftler
theoretisch alles zu wissen vermoechte, Der, welcher alles weisz
ist Gott. Also ist der Wissenschaftler, wenn er sein Amt
erfuellt, Gott.
Mit dieser Feststellung ist ein Wesentliches ueber die
Religion gesagt, naemlich, dasz wir des Goettlichen beduerfen
nicht um goettlich oder gottaehnlich zu werden, sondern um in
unserem so beschraenkten Menschsein geschuetzt und geborgen zu
werden: um nicht der Versuchung Gott sein zu waehnen zu
verfallen. In diesem Sinne schreibt Kierkegaard ueber das
Erbauliche welches in dem Gedanken liegt, Gott genueber im
Unrecht zu sein.
Nicht nur in den Bereichen des Wissens, sondern auch in den
Bereichen des Handelns, nicht nur als handelnde sondern auch als
erkennende Menschen, beduerfen wir einer Grenze die unsere
Geringheit, unsere Beschraenktheit schuetzt. Diese Grenze heiszen
wir Gott. Er ist was ich nicht bin.
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