19980228.01
Die Wandlung der Bedeutung des Ausdrucks Subjekt im Laufe
der Jahrhunderte scheint mir von erheblicher Bedeutung, wenn man
sich anstellt das Denken als einen geschichtlichen Vorgang zu
verstehen. Wir schlieszen dasz bis zur Renaissance der Ausdruck
Subjekt das wesentlich Bleibende der Handlung, das Hypokeimenon
bezeichnete, das welches den Erscheinungen zu Grunde liegt.
In der Neuzeit, hingegen, bedeutet Subjekt etwas
Entgegengesetztes. Waehrend einst das Bewusztsein des Menschen
das Bestaendige, Bleibende, Verlaeszliche schien, die Umwelt aber
ein Gebroedel von Trug und Spuk, scheint heutzutage die Welt der
Gergenstaende, die objektive Welt das Verlaeszliche, waehrend der
Einzelne der diesem dichten Gewebe der Begriffe gegenueber steht,
als das sich bestaendig Veraendernde das Unzuverlaessige
erscheint.
Bezeichnend ist, dasz es die Welt ist welche als
glaubwuerdig, zuverlaessig, bestaendig erscheint; indessen der
Einzelne der in ihr sein notduerftiges Leben verfristet der
unzuverlaessig unglaubwuerig ist; dasz sein Denken erst gueltig
und glaubwuerdig wird wenn es von seinen Mitmenschen, von der
Gesellschaft anerkannt und bestaetigt worden ist. Zwar tun wir
so, als ob es sich um etwas auszer uns bestaendiges, nicht nur
vom Einzelnen Menschen, sondern auch von der Gesellschaft
unabhaengiges handelte. Aber darin, glaube ich, liegt Taeuschung.
Die Wirklichkeit an die wir glauben existiert lediglich durch die
bestaendige Bestaetigung der Gesellschaft. Stellen wir uns vor,
wie unsere Welt veranlagt wuerde, wenn wir Wochen, Monate, Jahre
allein, ohne Gedanken und Gefuehlsaustausch mit unseren
Mitmenschen verbringen mueszte. Wir wuerden mehr und mehr auf uns
selbst - we should be thrown back upon ourselves, und was
wirklich und unwirklich waere, das ergaebe sich aus den eigenen
Gefuehlen, aus der eigenen Anschauung.
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