19980626.04

     Ueber die Ethik: Ich besinne mich meines Vorsatzes eine
"Ethik" zu komponieren.  "Ethisch" bedeutsam (relevant)
(einschlaegig) ist alles was Wert oder Unwert hat.  Wohin fuehrt
aber der Versuch die Welt als wertfrei, als jenseits von gut und
boese zu begreifen?  Ist das noch Ethik?  Oder vielleicht die
eigentliche, die richtige Ethik?

     Woher kommen Werte? Wo entspringen sie?  Es wird behauptet
Werte kaemen von Gott, so etwa beide Platon und das Alte
Testament.  Wenn man die Gotteserfahrung, das Gotteserlebnis, die
Gotteserscheinung, wie immer man es nennen moechte, konsequent
deutet, dann wird es sehr sinnvoll zu sagen, alle Wertung sei
goettlichen Ursprungs.

     Behauptet man, dasz alle Werte goettlichen Ursprungs seien,
dann stellt sich unmittelbar die Frage, wie sich ein vermeintlich
goettlicher Ursprung zum Einzelnen verhaelt.  Setzt man aber Gott
als (nur) in der Innerlichkeit des Einzelnen erfahren, dann
erscheinen auch die Werte als dem Inneren des Menschen
entspringend.

     Liegen Werte im Bereich des Einzelnen? oder liegen sie im
Bereich der Mehreren, der Vielen, der Gesellschaft? Sind sie
goettlichen Ursprungs, so sind die Werte innerlich; was besagt es
aber, wenn sie von auszen kaemen? Ist vielleicht die Eigenart der
Werte, vergleichbar mit der Eigenart des (begrifflichen) Wissens,
dasz sie eine Verbindung darstellen, zwischen dem inneren
Menschen und der Auszenwelt?

     Es ist hin dieser Hinsicht foerderlich, die Frage um die
Inwendigkeit Gottes aufs neue anzuschneiden. Wiederholen wir
nicht oft genug: Wir glauben all an einen Gott. Wie koennten wir
dies tun, wenn dieser Gott jedem Einzelnen einzeln zukaeme? Also
richtiger: die Gottheit, das Goettliche als Uebergang, als
Bruecke zwischen Innen und Auszen, zwischen Ich und Wir, zwischen
Subjektivitaet und Objektivitaet. Die Theologie als ein
fortwaehrendes Zerren zwischen den beiden Polen, dabei der Mensch
der Unbehaglichkeit seines Daseins zum Audruck bringt. (gives
expression to his dissatisfaction with his existence.)

     Woher ruehrt des Menschen Unbehaglichkeit in seinem Dasein?
jener Unbehaglichkeit die im Zerren um das Goettliche zum
Ausdruck kommt. Es liegt in seinem Wesen, es entspricht seiner
Natur.  Vom rein biologischen, und so offensichtlich kuenstlichen
Standpunkt betrachtet: die Erregbarkeit ist Voraussetzung fuer
das Leben und Ueberleben. Diese Erregbarkeit, die Unzufriedenheit
mit dem Bestehenden findet dann breit und tief ihren Ausdruck in
der Geistigkeit, in der Taetigkeit des Denkens.

                            * * * * *

Zurueck : Back

Weiter : Next

1998 Index

Index