19990618.00 Wenn, wie oich in meinem Roman, die Andere ausfuehrte, der johanneische Prolog: "Das Wort war Gott" ein Uebertreten des alttestamentlichen Bilderverbots ausmacht, so tut dies in noch groeberer Weise der Versuch im Symbolon Nizaenum, im nizaenischen Glaubensbekenntnis dem Christentum ein objektives Sinnbild zu geben. Die Aussprache dieses Glaubensbekenntnisses ist ein Gebet: ist aber ein Gebet nicht an Jahve gerichtet, sondern an eine menschliche Invention, an eine menschliche Erfindung. Der Mensch aber ist unfaehig Goettliches zu erzeugen. Auch das Glaubensbekenntnis, und gerade dieses ist Menschenmache. Menschliches aber darf nicht angebetet werden, denn der Mensch ist nicht imstande Goettliches zu erzeugen. Nur was goettlich ist darf angebetet, soll angebetet werden. Gott ist, Gott besteht auch ohne den Menschen, sogar trotz seiner. Gottes Name, ich bin der ich bin, besagt, er ist der er ist, und laeszt sich nicht von Menschen beschreiben: kein Wirken, keine Handlung, keine Gesinnung, keine Beziehung vermag ihm angedichtet zu werden, auch nicht die der Vaterschaft, sei es der Menschen oder des Heilands. So birgt der mosaeische Befehl "Du sollst keine anderen Goetter neben mir haben" den Widerspruch der darin liegt dasz alles Menschendenken, dasz alle Mitteilung unter den Menschen ein Bilden von Begriffen, von Vorstellungen, von Symbolen, von Sinnbildern ist: und dasz deswegen alles Reden ueber Gott, das nizaenische Glaubensbekenntnis nicht ausgeschlossen, abgoettisierende Faselei ist. Demgemaesz ist es nicht zu verwundern, dasz jede Reformation der Kirche zurueck strebt zur Urreligion, zurueck zur mosaeischen unnennbaren Gottheit strebt. Im Falle Luthers war das Mittel dieser religioesen Erneuerung der Glaube; denn lutherischer Glaube, wie ich ihn verstehe und erlebe, ist nicht die Affirmation dieser oder jener dogmatischen Behauptung, ist nicht die ueberzeugte Wiederholung (Bestaetigung) eines ausdruecklichen Glaubensbekenntnisses. Lutherischer Glaube besagt nichts mehr und nichts weniger als eine geistig-seelische Beziehung zu Gott, als Erkenntnis - nicht Beschreibung - Gottes in seiner Namenlosigkeit. Und alles was darueber geht, ist Aberglaube. * * * * *

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