19990620.01
Was Abrahams Glauben anlangt, so scheinen mir die drei
Formen in welcher dieser Glaube sich ausdrueckt anzudeuten, dasz
auch in diesem Falle das Wort Glaube nicht in einigem Sinne,
sondern in drei verschiedenen benutzt wird. Die Behauptung, dasz
all diese Glaubensausdruecke die gleichen sein, stammt, wenn ich
nicht irre, aus dem Hebraerbriefes des Paulus, und ist keineswegs
unanfechtbar.
Der Glaube des Auswanderes an eine neue Heimat in einem
fremden Land ist zu unterscheiden von dem Glauben des Greises an
verheiszene Nachkommenschaft, insofern der Glaube an die
Nachkommenschaft vom Glaubenden weder Anstrengungen (Bemuehungen)
noch Entbehrungen oder Entsagungen forderte. Der Glaube
schlieszlich, welcher Abraham bewog zum Moriahberge zu wandern,
dort einen Scheiterhaufen zu legen, und das Messer zu ziehen, war
ein Gehorsam auf einen recht vernommenen oder eingebildeten
Befehl, welche Glaube im einen Falle manches ueber die befehlende
Gottheit offenbart, im anderen Falle ueber das miszschaffenen
Gemuet das ihn zu vernehmen meinte.
Dasz aber Abrahams Opferbereitschaft keineswegs Ausdruck des
Glaubens genannt sein darf, meine ich daraus schlieszen zu
koennen, dasz der Glaube unvermeidlich, invariably, eine
erbauliche Gemuetsbewegung sein musz, waehrend der auf Isaak
geziehlte Opferbefehl darauf gemuenzt war, nicht nur Isaak
sondern auch Abraham zu zerstoeren. Um sie als Glaubenszeugnis
zu empfangen, mueszte man sie in ein erbauliches Geschehnis
umdeuten. Das, so scheint mir, hat auch Kierkegaard nicht
vermocht.
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