19990623.03 Ich lese im (ins) Neue Testament ein starkes Beduerfnis von seiten Jesu, angenommen, aufgenommen, akzeptiert zu werden. Dieses Beduerfnis verstaerkt den Glanz der Demut welche von Jesu Person ausstrahlt. Er flehet seine Hoerer an ihn zu glauben. Die Betonung welche dem Glauben im Neuen Testament geschenkt wird ruehrt von diesem Beduerfnis anerkannt zu werden, ein Wunsch, eine Sehnsucht, eine schere Not, welche im Garten, in dem "Koennt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?" ein verzweifeltes Echo hat. **************************** Zum Verstaendnis bachscher Musik: Die Echoarie im Weihnachtsoratorium, "Floeszt mein Heiland, floeszt dein Namen" wird weithin miszverstanden. Mein Schwiegervater schaetzte sie unter allen Arien Bachs als die Geringste, und auch Albert Schweitzer hat nichts Gutes von ihr zu sagen. Als ich diese Arie neulich - nach etwa dreiundsechzig jaehriger Vertrautheit, wieder einmal hoerte, da fiel mir auf, dasz nicht unaehnlich der Weise in welcher der erste, der Passionschoral im Weihnachtsoratium an die Geburtswehen erinnert, sich hier, bei einer Geburtstagsfeier unangemessen, unpassend, ungereimt, die Todesvorstellung in den Vordergrund draengt, und verlangt ihre kuenstlerische Darstellung. Die Arie folgt einem Rezitativ ueber das Sterben, und befaszt sich mit dem Tode. Sie fragt: "Floeszt mein Heiland, floeszt dien Namen Auch dem allerkleinsten Samen Jenes strengen Schreckens ein? Nein, du sagst ja selber nein! Sollt' ich nun das Sterben scheuen? Nein, dein sueszes Wort ist da! Oder sollt ich mich erfreuen? Ja, du Heiland sprichst selbst ja!" Diese Fragen werden verschieden mit Ja und mit Nein beantwortet. Die Antworten werden mit einem Echo bestaetigt. Es ist meine Vermutung, dasz dies Echo nicht so sehr ein Eacho der Bestaetigung ist, als Echo aus der Krypta des Daseins, aus der Grube, aus dem Grabe; und dasz das Echo die Funktion hat, hier inmitten der Geburtstagsstimmung, wo Weinen und Klagen fehl am Platze sind, die Dimension des Todes darzustellen. *************************** Weitere Betrachtungen zur bachschen Musik welche mir heute wieder, und vielleicht zum letzten mal einfallen: Das Fagott in der Schluszarie im Streit zwischen Phoebus und Pan stellt das I- A, das Iahen (the braying) - eines Esels dar. In derselben Kantate, das Wackeln des Herzens, musikalisch so lebhaft dargestellt, bezeichnet die maennliche geschlechtliche Erregung. Indessen wird die weibliche in der Arie "Ich ende behende mein irdisches Leben," beschrieben. Ich meine zu erinnern dasz diese Arie die Kantate, "Ich geh' und suche mit Verlangen", beschlieszt. Zu Eingangschor der Matthaeuspassion weisz ich zu sagen, dasz da im Basz zwei Themen eingewoben sind: sie dreizehn aufsteigenden Toene moegen die Auferstehung aus dem Grabe, aber wahrscheinlicher die Sprossen der Kreuzesleiter bezeichnen; daneben das dumpfe Droehnen eines Trauermarsches. Es gibt verschiedene Arien deren doppelte Sologeigenstimmen die schlagenden Fluegel von Voegeln imitieren. Eine dieser Arien stammt aus der herkules am Scheidewege Kantate: "Auf deinen Fluegeln will ich schweben" - oder so etwa, wurde dann als "Ich will nur dir zu Ehren" ins Weihnachtsoratorium aufgenommen. Die Namen der anderen Arie(n) entgehen mir eben. Wenn ich mich ihrer besinne, will ich zurueckkommen und sie hier eintragen. Das Schaukeln von Schiffen auf Wellen ist im zweiten Rezitativ der Kreuzstabkantate (Nr 56) beschrieben, so wie auch im Matthaeuspassions Rezitativ, Wiewohl mein Herz in Traenen schwimmt. * * * * *

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