19991028.00
Entsprechend dem Trieb zur Gesellschaft ist der Trieb zur
Einsamkeit. Der Mensch bedarf der einen sowohl als der anderen,
in Maszen welche nicht nur von seiner Persoenlichkeit sondern
auch von den Umstaenden abhaengig sind.
Einen Bedarf zur Gesellschaft und ein Bedarf zur Einsamkeit
ist ersichtlich schon aus einfachsten (primitivsten) biologischen
Erwaegungen. Der Mensch verrichtet seine notwendigsten
lebenserhaltenden Geschaefte, er denkt, fuehlt, sorgt, er freut
sich und er leidet, er iszt, trinkt, schlaeft und wacht; er
befriedigt seine geschlechtlichen Beduerfnisse, er entleert Darm
und Blase, als Einzelner. Und doch ist dieses sein Leben als
Einzelner in Gemeinschaft gegruendet. Schon seine Zeugung bedarf
zweier Eltern. In fruehester Kindheit ist sein Ueberleben
(survival) Folge von Schutz, Betreuung und Ernaehrung von seiten
Aelterer. Die Sprache und das Denken das sich in ihm entwickelt,
und das Wissen und Koennen welche ihm zu Wohlstand und Gedeihen
gereichen sind Erzeugnisse der Gesellschaft die ihn traegt.
Wie es seinem sonstigen Dasein an (platonisch-idealistische)
Vollkommenheit mangelt, so erscheinen auch in den Vorgaengen der
Vergesellschaftung Reibungen und Stoerungen, Miszverhaeltnisse
und Miszverstaendisse, welche Aerger und Enttaeuschung mit sich
fuehren. Diese Unvollkommenheiten in den gesellschaftlichen
Verhaeltnissen sind durchaus mit den koerperlichen sowohl als
auch mit den geistigen Krankheiten vergleichbar, und sollten, so
scheint es mir, nicht weniger als diese verstanden behandelt und
vielleicht gelindert werden.
Einschlaegige soziophysiologische bezw. soziopathologische
Beziehungen sind zu unterscheiden.
1) Die Beziehung zu sich selbst als zu einem Fremden.
2) Die Beziehung zu einem zweiten Menschen, bezw. zum Freundes, zum Feinde.
3) Die spezielle, geschlechtliche Beziehung zu einem zweiten Menschen,
zur Gattin.
4) Gleichordnung, Ueberordnung und Unterordnung
5) Die Beziehung des Einzelnen zur Gruppe
6) Die Beziehungen von Gruppen zu einander.
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Wissenschaftliche und unwissenschaftliche Soziologie. Worin
besteht die Wissenschaftlichkeit der Soziologie? Welchen Sinn
hat es ueber Soziologie empirisch, d.h., aus eigener Erfahrung
nachzudenken?
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