19991103.00
Je schwaecher sie sind, umso mehr beduerfen die Menschen der
Feindseligkeit um ihre Vorstellung von sich selber, um ihren
Selbstrespekt (self-respect) zu bewahren. Man tut ihnen ein
Unrecht, unter Umstaenden ein sehr groszes, wenn man versucht sie
mittels der Naechstenliebe ihrer Feindseligkeit zu berauben, wenn
man versucht, sie zu Bruedern oder zu Schwestern zu machen.
Letzten Endes erweist sich dies dann auch als unmoeglich. Es
schlaegt fehl, es gelingt nicht, und die resultierende (sich
ergebende) Feindseligkeit ist umso bitterer.
Diese Feststellung betrifft nicht nur Verhaeltnisse zwischen
sonst (anderweitig) fremden Menschen, welche bestrebt sind sich
gesellschaftlich zu verbinden. Es betrifft in noch betonterem
Masze, die Beziehungen zwischen Vater und Sohn, zwischen Bruder
und Schwester, zwischen Mann und Weib, Beziehungen welche durch
gegenseitige Abhaengigkeit, durch Gewohnheit, durch
wechselseitige (reziprokale) Identifikation (seelische Bindung),
bestimmt und bestaetigt zu sein scheinen. Gerade in diesen
Faellen, wo eine enge Bindung zwischen Menschen schon besteht,
wirkt die Erkenntnis der notwendigen Getrenntheit, der
unvermeidlichen Feindseligkeit der Menschen, am schmerzhaftesten;
doch ist vielleicht hier, in diesen Beziehungen welche nach
Innigkeit draengen diese Erkenntnis am notwendigsten.
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