19991113.00 Gestern abend die H-Moll Messe, Jordan Hall, Cantata Singers unter David Hoose. Meinerseits meinte ich stellenweise jene Schwelle zu vernehmen wo das Erhabne sich ins Laecherliche ergieszt. Ueberhaupt scheint mir das Werk nicht so sehr eine Bestaetigung (Konfirmation) der katholischen Messentradition wie deren Begrenzung, wenn nicht gar Widerrufung. Hier soll der Strom des sonst in der bachschen Musik so persoenlich, subjektiv gehaltenen religioesen Erlebens in einem Meer des Allgemeinen, des Gesellschaftlichen, der herkoemmlichen Tradition seine Bestaetigung bekommen, und das Entgegegesetzte geschieht. Die Tradition wird von der Kunst ueberwaeltigt, wird von der Kunst zum Narren gehalten. Das ausposaunte, aufgetrommelte Pax, die Rokokoverschnoerkelung des Laudamus te, das Solus als Eigenschaft der Heiligkeit in einen Hornsolo uebersetzt, die aufschnappenden Geigen als auferstehende Leiber im Et exspecto, das Hereinbrausen des Hagion Pneuma im Cum sancto spiritu; die lieblichen Taendeleien des Et in spiritum sanctum, was sind sie anders als Demonstration der Nichtigkeit des oeffentlichen Ritus der hier vorgeblich besungen werden soll. Es ist die Zuruecknahme der oeffentlichen Religion durch die Kunst. Die H-Moll Messe ist das gigantischste Denkmal der Abschaffung der oeffentlichen Religion das die Aufklaerung geschaffen hat. * * * * *

Zurueck : Back

Weiter : Next

Inhaltsverzeichnis : Table of Contents