19991212.00
Oft denke ich, und zuweilen spreche ich es aus, dasz ich,
wenn ich fuenzig jahre juenger waere, in anbetracht der
Verwandlung welche der Beruf in den juengst vergangenen Jahren
erfahren hat, heute vom Studium der Medizin absehen wuerde. Was
aber, frage ich mich, wuerde ich statt dessen unternehmen? Das
Rechtswesen ist ein einem Masze brutal und verlogen, dasz ich ihm
von theoretischem Standpunkt mit scharfer Kritik, von praktischem
Standpunkt nur mit aetzender Ironie, begegnen kann. Ob aus
solcher Grundlage sich erfolgreiche berufliche Taetigkeit ergeben
wuerde ist fragwuerdig. Ich rede mir ein, ich wuerde heutzutage,
wenn ich am Anfang der beruflichen Laufbahn stuende, ein
Geschaeft gruenden; weil ein solches Unternehmen der Intelligenz,
der Urteilskraft und dem uneingeschraenkten Fleisz am
guenstigsten waeren. Aber ich habe begonnen auch an dieser
Vorstellung zu zweifeln: denn die Geschaeftstaetigkeit verlangt
notwendigerweise eine Wendung nach auszen und ist vielleicht mit
der betonten Empfindsamkeit in welcher ich mich bisher ergangen
habe nur schlecht vereinbar. Vielleicht wuerden die Umstaende
mich zwingen mein so stark nach Innen gerichtetes Empfinden
gehoerig zu zuegeln.
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