20000422.00
Die Hypothese eines uns unkennbaren Bereiches, und die
komplementaere Voraussetzung, dasz diesem Bereiche die
endgueltige Wirklichkeit anhaftet: dieser Begriffskomplex scheint
mir am Anfang und am Ende der philosophischen Ueberlieferung zu
stehen: denn die sokratische Einsicht, dasz das einzig gueltige
Wissen in der Erkenntnis nichts zu wissen besteht, ist eng
verwandt mit der kantischen Lehre vom Ding an Sich welches sich
gleichfalls unserem Wissen entzieht; so auch mit der
schopenhauerschen Behauptung, die Welt sei meine Vorstellung.
Mit der Behauptung, die Welt sei meine Vorstellung, ist
jegliche Beschreibung der Welt ausgeschlossen; denn wen sollte
eine Beschreibung _meiner_ Vorstellung interessieren. Bedeutsam
in diesem Zusammenhang: dasz es sich bei Schopenhauer vorgeblich
nicht um eine allgemeine, die Menschen miteinander verbindende
Vorstellung handelt, sondern um eine persoenliche, inwendige,
subjektive. Eine solche subjektive Vorstellung ist jedoch
objektiv belanglos. Eine subjektive Vorstellung laeszt sich
nicht mitteilen; die mitgeteilte Vorstellung ist ipso facto nicht
(mehr) inwendig, nicht mehr subjektiv. Sie ist auszerhalb des
Einzelnen, objektiv; er bedenkt und betrachtet eine gemeinsame
Vorstellung wie ein Bild, wie ein Kunstwerk. Ihre Bedeutung fuer
jeden Einzelnen ist unterschiedlich in ihrer Art sowohl als auch
im Ausmasz.
Vieles das Schopenhauer ueber Mensch, Welt und Natur
schreibt ist sachlich; ist objektiv, ist den verschiedensten
Menschen zugaenglich, und ist widersinnig: - wenn die Welt
wirklich meine Vorstellung ist.
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