20000523.03
Es scheint mir, der angehende Ethiker sollte die
Rechtswissenschaft studieren, oder besser noch, sollte
Gelegenheit finden sie auszuueben, eh er sich anstellt zu
bestimmen was getan und was unterlassen werden musz, was gut ist
und was schlecht ist, was wahr und was unwahr: denn tatsaechlich
kommen all diese Fragen ja auch praktisch im taeglichen Leben zur
Sprache, naemlich in den Gerichtssitzungen wo die Menschen
miteinander streiten und die Richter vorgeblich was als recht und
was als unrecht anerkannt werden soll, bestimmen.
Im Gerichtssaal zeigt sich die Ethik in der Praxis. Auf die
spezifischen Gesetze welche verhandelt werden kommt es kaum an.
Die Gesetze sind ja alle niedergeschrieben; und wenn es in
irgendeinem wesentlichen Punkte darauf ankaeme, laege nichts im
Wege einen beliebigen Rechtssatz ueber den verhandelt wird gegen
einen anderen auszutauschen. Aber auf einen besonderen
Rechtssatz kommt es nicht an, und auch nicht auf eine irgendeine
besonderes Vergehen. Ankommen tut es auf die Beurteilung des
Verhaeltnisses von dem begrifflichen Gesetz mit dem
tatsaechlichen Geschehen, mit der Beurteilung von Schuld oder
Unschuld des Menschen der handelnd oder leidend in dieses
Verhaeltnis verwickelt ist.
Was im Gerichtssaal abgehandelt wird, dramatisiert die
Problematik der Ethik. Was hier vor sich geht zu entwirren und
zu begreifen ist Vorbedingung fuer jegliches ernstzunehmendes
Theoretisieren ueber die Ethik.
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