20000523.04 Ich habe verschiedene Geschichten von Anton Chekhov, in der englischen Uebersetzung von Constance Garnett gelesen. Diese Geschichten sind bis auf einige Ausnahmen, wie etwas Ward 6, nicht in einen die Begebenheiten von auszen bestimmenden Plan eingefuegt. Sie beschreiben die Menschen, sie geben ihre Unterhaltungen wieder, und aus dem Denken und Fuehlen der Menschen entwickeln sich ihre Handlungen, und aus den Handlungen, der Plan (the plot) der Geschichte. Voellig anders als z.B. bei Thomas Mann. Meine Erzaehlung von der Immatrikulierung des Joachim Magus also badarf keines umfassenden Planes. Ich brauche ebensowenig zu wissen wie er selber, was der folgende Tag, was die naechste Woche bringen wird. Es wird nicht von mir verlangt Prophet oder Hellseher zu sein. Was verlangt wird, meine Verpflichtung ist mit Joachim, mit seinen Freunden und Freundinnen, mit den Lehrern und den Universitaetsbeamten die jetzt sein Leben gestalten die Tage und Naechte zu verbringen; mich inniglich mit ihnen einzulassen in einem solchen Masze, dasz ich sie besser kenne als sie sich selber kennen; und aus dieser intimen, genauen Kenntnis ihrer Wesen wird sich ihr Schicksal mir auch ohne mein krampfhaftes Nachsinnen, von selber offenbaren. Die Methode vorzugehen hat den Vorteil, dass sie den schwindenden Gedaechtniskraeften meines Alters entspricht, welches von Tag zu Tag an Gedaechtnisvermoegen schwaecher, aber, wie Kierkegaard betonte, an Erinnerung reicher und maechtiger wird. * * * * *

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