20000707.02
Die ethische Forderung welche die Gesellschaft an den
Einzelnen stellt ist unter Umstaenden verschieden von der
ethischen Forderung welche der Einzelne an sich selber stellt.
Das Zusammenfallen und Uebereinstimmen der aeusseren mit der
inneren Forderung waere ein Gluecksfall. Zugegeben, dass die
oeffentliche Religion eine solche Uebereinstimmung fordert und
voraussetzt, aber ohne den empfindsamen und gewissenhaften
Menschen zu ueberzeugen. Schon nicht aus dem Grunde, dass die
Besonderheiten der Lage in welcher der Einzelne zu handeln
genoetigt ist, nicht voraussehbar, nicht beschreibbar sind, dass
Gesinnung und Handlung sich der begrifflichen Bestimmung
entziehen, und dass demzufolge alle ausdruecklichen (explicit)
ethischen Gebote etwas gekuensteltes, etwas Willkuerliches
aufweisen welches sie als ungueltig stempelt, welche den
Einzelnen davon abhalten sie ernst zu nehmen.
Es ist kaum verwunderlich, dass die oeffentliche Ethik die
Handlungen des Einzelnen gesetzgeberisch zu bestimmen
beansprucht. Dennoch ist es nicht zu weit hergeholt darauf
aufmerksam zu machen, dass die oeffentliche Ethik auch den
Geschmack, den Lebensstil, die Weltanschauung des Einzelnen wenn
nicht zu bestimmen, so dennoch zu beeinflussen sucht; und ganz
unbestreitbar, richtet, (sits in judgment on them), tadelnd was
sie miszbilligt und lobend was ihr zusagt.
Die oeffentlichen ethischen Forderungen sind, wie gesagt, in
formellen Gesetzen ausgedrueckt in welchen sich die
Gepflogenheiten der Gesellschaft spiegeln; und in den
Gepflogenheiten selbst, ob diese nun in Gesetzen niederlegt sind
oder nicht. Die aktuelle Bestimmung der oeffentlichen Ethik ist
unvermeidlich ein politisches Verfahren, was nicht davon abhaelt
ueber die Politik in grandiosem oder in analytischem (nit-
picking) Geiste zu theoretisieren.
Die persoenliche innere Ethik des Einzelnen ist nicht
weniger komplziert, denn sie bringt nicht nur die Forderungen des
Einzelnen zu Tage, sondern insofern der Mensch ein geselliges,
eine gesellschaftliches Wesen ist, widerspiegelt sie die
Voraussetzungen und Forderungen der Gesellschaft.
* * * * *
Zurueck : Back
Weiter : Next
Index 2000
Website Index
Copyright 2005, Ernst Jochen Meyer