20000724.00 Gestern war ich seit laengerem, eigentlich seit Jahren, zum ersten mal wieder in der Widener Library, um mit die drei Baende von Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen im deutschen Original zu entleihen. Die englische Uebersetzung habe ich seit Jahren in meinen Buecherregalen stehen, aber ich traue ihr nicht: denn Cassirers Buch ist nicht leicht zu verstehen, und ich vermute, dass der Uebersetzer es zu uebersetzen sich anschickte ohne es verstanden zu haben. Das vermag man im Grunde von vielen, genau genommen von _allen_ Uebersetzungen zu sagen. Wenn man, oder genauer, insofern man, das worueber man schreibt nicht versteht, ist das geistige Erleben nicht (mehr) in der Lage die niedergeschriebenen Bilder, Begriffe, Gedanken, Worte zu steuern und zu kontrollieren: und was dann? Dann gelangt die Sprache zu ihrem Recht. Then language comes into its own. Sie steuert, kontrolliert, regelt, gestaltet sich von selbst, sozusagen von Innen, nach ihrer eigenen Gesetzlichkeit. Die Schrift verfehlt es eine wissenschaftliche Abhandlung zu werden, aber sie wird etwas noch bedeutsameres, sie wird Literatur. In diesem Sinne ist Cassirers Philosophie der symbolischen Formen ein Gedicht. Denn es ist ihm nicht gelungen, die Dunkelheiten und Verwirrungen der kantischen Erkenntnislehre zu erleuchten und zu entwirren: Sein Amt, deine Professur, seine Erscheinung als Philosoph verbat es ihm diese Unfaehigkeit oeffentlich zu gestehen, oder auch nur sich selbst zu zugeben. In so fern war er in eine geistig-seelische Falle geraten. Da ist er bei weitem nicht der einzige. Vielen Menschen welche sich zum Philosophieren draengten ist das gleiche Schicksal bereitet. Man moechte sogar sagen dass im Grunde _alle_ diskursive Philosophie zu einem Wortspiel, zu einem Begriffsraetsel wird: Man vermutet eine Konvergenz der herkoemmlichen Philosophie mit der sogenannten symbolischen Logik welche nichts beansprucht als ein Wortspiel ein Begriffsschema zu sein. Die Philosphen welche Worte kombinieren, und die Philosophen welche Symbole kombinieren aehneln einander insofern als sie Bezug auf Wirklichkeit behaupten welche sich jedoch auf genauere Sicht, ihnen entzieht. * * * * *

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