20000726.00
Die Wirklichkeit der Wissenschaft und des gesunden
Menschenverstandes bestehen nicht unabhaengig von, nicht jenseits
der Wahrnehmungen und Empfindungen des Einzelnen. Oder wenn sie
so bestuenden waeren sie seinem Verstaendnis unerreichbar. Die
Wirklichkeit auf welche der Wissenschaftler sich verlaeszt, die
Wirklichkeit des gesunden Menschenverstandes sind an der
Erfahrung erlernte Urteile. Sie entstehen und entwickeln sich
dynamisch durch das Versuchen und Versagen; sie entwickeln sich
durch die progressive Verwandlung des Gemuets des Einzelnen,
notwendigerweise in Wechselwirkung (interaction) mit seiner
Gesellschaft.
Er weisz es, wir alles wissen, dasz diese Wirklichkeit nur
provisorisch ist. Dasz neues Erleben sie zuweilen bestaetigt, sie
zuweilen aber auch widerlegt, so dasz es notwendig wird sie
erneut zu finden oder zu erfinden.
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Das Verhaeltnis des Denkens zur Sprache wird besonders
deutlich, wenn der Sprecher versucht besonders schwierigen oder
komplizierten Gedanken nachzuspueren und Ausdruck zu verleihen.
Dann wird offenbar, dasz die gelaeufigen, herkoemmlichen
Ausdruecke nicht genuegen, dasz er sich eine neue Symbolik
erarbeiten musz. Dies tut er vornehmlich nicht indem er neue
Ausdruecke muenzt, sondern indem er bekannten Worten und
Redewendungen einen etwas unterschiedlichen, abweichenden Sinn
beifuegt; und diese Neuigkeit ist es welche das Verstaendnis so
schwierig macht; das Erlernen der neuen Bedeutungen ist die
wesentlichste Aufgabe beim Studium der Philosophie. Und ist doch
nie vollendet! Denn die Kongruenz der Bedeutungen welche zwei
gemueter einem gegebenen Ausdruck zumessen ist nie vollkommen,
ist stets Annaeherung, Approximation. Mit solchen Annaehrungen
musz man sich am Ende doch zufrieden geben. Das vollkommene
Verstaendnis wird immer ausbleiben.
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