20000730.01
Systematisch und rigoroes durchgefuehrt und weit genug
getrieben wird alle Wissenschaft Philosophie, und systematisch
und rigoroes durchgefuehrt und weit genug getrieben wird alle
Philosophie Dichtung, will sagen: Poesie. Ich begruende diese
Behauptung auf die Beobachtung, dasz systematisch und rigoroes
durchgefuehrt und weit genug getrieben alle Philosophie Dichtung
wird auf die Tatsache, dasz unter diesen Umstaenden die
Philosophie sich in kartesischer Weise auf das Ich, auf die
Subjektivitaet, auf das Cogito ergo sum, zurueckzieht, auf das
also welches der Mensch als Einzelner erleben kann und erleben
musz. Und dies Individuelle, Persoenliche, Inwendige ringt und
kaempft und zerstreitet sich mit der Sprache: denn die Sprache
ist das gemeinsame geistige Band dasz die Menschen miteinander
verbindet, das die Gesellschaft ueberhaupt erst moeglich macht.
Die Worte, die Ausdruecke, die Begriffe aber, welche der
Gesellschaft gehoeren, welche eine von der Gesellschaft gepraegte
Bedeutung haben, vermoegen schon aus diesem Grunde der
Inwendigkeit, der Subjektivitaet des Einzelnen nicht gerecht zu
werden, nicht zu genuegen. Deshalb fuehlt er sich gedrungen den
Worten neue Bedeutungen, neue Nuancen beizufuegen, oder zuweilen
gar Ausdruecke, Begriffe, Vorstellungen neu zu erfinden. Genau
dieses tut der Dichter wenn er seinem persoenlichen inneren
Erleben Ausdruck gibt; und die dichterische Kunst besteht ja
gerade darin, dem Persoenlichen, Inwendigen in der Sprache der
Oeffentlichkeit der Allgemeinheit, in der gemeinsamen (common)
Sprache Ausdruck zu geben. Das ist auch die Aufgabe des
Philosophen, aber sie gelingt ihm nur selten, und nur in
Ausnahmefaellen.
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