20000805.04 Also noch einmal, da capo, die Frage: was ist Erkenntnis, was ist es das erkannt wird, und wie wird es erkannt. Wo ichj meine Erkenntnistheorie ausgebruetet habe, will ich sie auf die Probe stellen. Sie soll sich bewaehren oder ihre Maengel sollen umso greller hervorstechen. Heute ist der 5. August 2000, sage und schreibe. Es ist viertel vor neun. Margaret, meine Frau, und ich haben vor etwa einer halben Stunde zu Abend gegessen, was es war, das sie gekocht hat, weisz ich nicht mehr. Nach dem Essen habe ich geduscht, habe im Bademantel ein Dessert gegessen, Topfkuchen mit Pflaumenmus und kuenstlicher Schlagsahne bedeckt, whipped topping, wie die Geschaeftssprache es nennt. Dann habe ich saubere Kleidung angezogen, und habe mich hierhin an den Computer gesetzt, mit der Absicht meine Erkenntnistheorie zu ueberpruefen. Heute am spaet Nachmittag um etwa vier Uhr, sind Margaret und ich nach Haw Orchard gefahren und haben auf der Fees Ridge dort eine zwei stuendige Wanderung gemacht, und haben uns dort besonders das westliche Ende dieses kleinen Berges angeschaut weil mich das Vorhaben einige Acker Hochland zu kaufen in den zwei Wochen die wir hier verbracht haben lebhaft beschaeftigt hat. Ich musz erklaeren, dasz wir am 26. Juli aus Belmont zu einem Besuche von zwei Wochen hierher nach Konnarock gekommen sind, und dasz unser Plan ist am naechsten Dienstag, also am 8. August wieder zurueckzufahren. Unsere Wanderung fuehrte uns von der leeren verfallenen Ivy Grove Lutheran Church durch einen Mischwald von Eichen und Buchen einen steilen Holzweg hinan zum offenen Bergruecken, auf welchem ordentlich in Reih und Glied gepflanzt unzaehlige kleine Tannenbaeume wuchsen. Von hieraus war der Blick in alle vier Himmelsrichtungen frei, besonders eindrucksvoll gen Sueden wo hoehere und niedere graublaue Bergketten ineinander gewoben sich an den Horizont erstreckten. Und als ob diese erhabene Landschaft nicht Stoff genug fuer eine Pruefung der Erkenntnistheorie geben sollte, fiel mir die Hoelderlin Ode ein: "In deinen Thaelern wachte mein Herz mir auf zum Leben, Deine wellen umspielten mich, und all der holden Gipfel die dich, Wanderer kennen, ist keiner fremd mir." Diese Strophe, sagte ich mir, soll meiner Erkenntnistheorie Gelegenheit geben, ueber die Erkenntnis der Sprache aufzuklaeren. Mir fiel ein, dasz die Erkenntnistheorie ja auszer den Gegenstaenden der natuerlichen Welt, auszer Berg und Holzweg, auszer Wolken und Himmelblau und Abendsonnenschein, auszer Brombeere und Distel; und auszer der Sprache, wie etwa in dem zitierten Hoelderlingedicht fier die Zahl, fuer das Rechnen, fuer die Geometrie und ganz im allgemeinen fuer die Mathematik eine Erklaerung schuldig war. Sollte ich es damit genuegen lassen, dasz wir schon fast zwei Stunden gewandert waren, dasz wir kaum mehr als zweieinhalb weitere Tage hier verbringen wuerden? Ich empfand die Verpflichtung meine Erkenntnistheorie an einer komplizierteren mathematisch-wissenschaftlichen Formel zu pruefen, und so versuchte ich dann an die Gleichung zu erinnern mit welcher ich einst die Geschwindigkeit der Zerstoerung des Nervus Opticus beim Glaukom als Funktion des Innenaugendruckes, des Augendurchmessers, und der verflossenen Zeit errechnet hatte, etwa: m/t = exp(p*r*k), wo m das Volumen der Nervenatrophie, t die Zeit, p der Augeninnendruck, r der Radius des Augapfels, und k eine empirisch bestimmte Konstante ist. , wo m das Volumen der Nervenatrophie, t die Zeit, p der Augeninnendruck, r der Radius des Augapfels, und k eine empirisch bestimmte Konstante ist. Wenn meine Erkenntnistheorie zureichende Aufklaerung ueber die auf der wanderung beobachtete Naturwelt, ueber die bezaubernde Hoelderlin Ode, und ueber meinen wissenschaftlichen Beitrag zur Augenheilkunde wuerde liefern koennen, dann sollte sie sich bewaehrt haben. * * * * *

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