20010605.01
Die subjektive Reduktion im Erkenntnistheoretischen:
die Einsicht dass ich nichts weiss, und die subjektive
Reduktion im Ethischen, die Einsicht dass ich nichts kann,
d.h., dass ich nichts Gutes zu vollbringen vermag, dass ich
nicht weiss, was das Gute ist, und dass, wenn ich es
wuesste, es mir dennoch unmoeglich waere Gutes unvermischt
(unalloyed) mit Boesem zu bewerkstelligen; diese subjektive
Reduktion in beiden ihrer Phasen legt eine enge
Beschraenkung auf das (geistige) Wirken des Menschen.
Und doch scheint es mir, dass diese Beschraenkung
unvermeidlich ist, und dass diese Beschraenkung anzuerkennen
die Grundpflicht (the fundamental duty) alles ernsthaften
und aufrichtigen Denkens ist, eine Pflicht, uebrigens, gegen
welche Fichte, Hegel und Schelling, (andere nicht
ausgeschlossen,) not to the exclusion of others, sich aufs
Groebste vergangen haben. Vielleicht haben alle Denker, die
sich anmassen, sachliche, objektive, positive Beschluesse zu
bekunden, sich in vergleichbarer Weise mehr oder minder, an
dieser Grundpflicht der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit
vergangen. (Ich selbst nicht ausgeschlossen.)
Die subjektive Reduktion ist nicht mitteilbar. Die
subjektive Reduktion muss vom Einzelnen in seinem
Kaemmerlein in der der Einsamkeit vollzogen werden. (Willst
du aber beten, so gehe in dein Kaemmerlein) [Die Existenz
Gottes ist das unausweichliche Korrelat der subjektiven
Reduktion, denn die Welt welche mit der subjektivenm
Reduktion verloren zu gehen scheint, wird in Gott gerettet.
Die Funktion des Gotteserlebnisses in der subjektiven
Reduktion ist die Wirklichkeit der Welt zu retten. Gott
buergt fuer die Wirklichkeit der Welt welche der Reduktion
entgeht. (God vouchsafes the reality of the world which
reality eludes the reduction.)]
Diese Ueberlegungen fuehren zu der Folge, dass die
unbedingte (schlechthinnige) Wahrheit auf die nicht-
mitteilbare subjektive Reduktion beschraenkt ist, dass allem
mitteilbaren (nicht subjektiv reduktivem) Wissen ein Mass
der Unwahrheit anhaftet: und dies ist denn tatsaechlich der
Fall, und diese Unwahrheit spiegelt sich in der
Vorlaeufigkeit alles mitteilbaren Wissens, in der Tatsache
dass dies vorlaeufige Wissen unvermeidlich emendiert,
abgeaendert, korrigiert, ueberholt werden wird; dass es zwar
eine relative (verhaeltnismaessige) Wahrheit (Gueltigkeit)
in seiner Vorlaeufigkeit besitzt, dass aber gerade eben
diese Vorlaeufigkeit es in weiterer Sicht als unwahr
stempelt. Dieser Widerspruch bezeichnet die Travestie
unseres Wissens, dass es wahrhaftig ist nur in der
unaussprechbaren subjektiven Reduktion.
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