20011204.00
Im Deutschen heisst es Erkenntnistheorie. Die
Englaender sagen Theory of Knowledge. Erkenntnis besagt ein
Tun, ein Erwerben des Wissens. Knowledge besagt ein Haben,
einen Besitz des Gewussten. Dass dies vermeintlich ein und
dasselbe Gebiet mit zwei verschiedenen Bezeichnungen genannt
werden sollte, besagt an sich schon allerlei ueber die
Vergeblichkeit der Bemuehungen.
Notwendigerweise muessen sich die Wissenstheorien auf
das begriffliche Ausfuehrbare beschraenken. Dass es
ausserbegriffliches Wissen gibt, ist offensichtlich.
Dennoch ist es unmoeglich es zu beschreiben, unmoeglich
darueber zu sprechen; oder eben insofern dieses gelingt wird
das ausserbegriffliche Wissen in den Bereich des Begreifen,
in den Bereich der Sprache, gezogen oder gezerrt.
Doch entspringt der Einsicht, dass es
ausserbegriffliches Wissen gibt, ein grosser Nutzen; denn
diese Einsicht wird zur Aussicht auf die Wirklichkeit des
weiten Lebens, welches ausserhalb des Wissensbereiches
ablaeuft; von solcher Fuelle und Ueppigkeit, dass der
Bereich des Wissens unbedeutend und geringfuegig erschiene,
wenn wir ihm nicht in so krampfhafter Weise ein so grossen
Teil unserer geistigen Kraefte ueberliessen oder
aufopferten.
Die Theorie des Erkennens muss notwendigerweise ueber
das Erkennen hinausgehen, und sollte eigentlich der
Erkenntnis ueberhoben sein, will sagen, dass die Erkenntnis
von der Erkenntnis ein Widerspruch sein muss; es sei denn,
dass die Erkenntnis faehig waere sich selbst zu erkennen; in
welchem Falle jedoch das ganze Unternehmen ueberfluessig und
sinnlos waere. Denn wenn die Erkenntnis sich selbst
erkennte, was waere da eine weitere Erkenntnis der
Erkenntnis noetig?
Die Erkenntnistheorie ist unvermeidlicher Weise ein
Spiel, eine Verhandlung mit Begriffen, und diese erfordern
symbolhafte, d.h. letztlich, sprachliche Darstellung. Die
Erkenntnistheorie ist also an die Sprache gebunden; das
Erkennen, sag leiber das Koennen, aber ist es nicht.
Die Sprache ist Verstaendnismittel unter den Menschen.
Lediglich als Audrucksmittel des Einzelnen ist sie
unvorstellbar: und doch macht der Einzelne unentwegt den
Versuch sich mittels der Sprache gegen die Gesellschaftswelt
abzugrenzen und abzuschotten. Dieser Widerspruch
durchdringt auch die Erkenntnislehren: denn dem Einzelnen
der sie entwirft ist immer nur die eigene Erkenntnis
zugegen, und die Erkenntnis der Gesellschaft, wenn man sich
so etwas vorzustellen vermag, ist zugaenglich nur in dem sie
Erkenntnis des Einzelnen wird, und vom Einzelnen erkannt
wird.
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